Das Ende einer Reise – Teil 2

Sveawyn
26. September 2010 • Kommentare: 2

Ein paar Tage später wurde im Kreise seiner Freunde eine Feuerbestattung durchgeführt, die Asche anschließend in einer Urne verstaut um die Überreste ihres Vaters auf die Reise vorzubereiten, seine letzte Reise. Noch ein paar Tage später machten sie sich auch schon auf den Weg. Leotiel hatte einen Boten gefunden dem sie sich anschließen konnten, so sollte es sicherer für zwei Frauen und eine Urne sein. Die Reise war lang und nahm einige Zeit in Anspruch doch zum Glück kamen sie ohne große Zwischenfälle in Gondor an was wohl nicht zuletzt dem Boten zu verdanken war. Immerhin war es nicht seine erste Reise zwischen den beiden Landen gewesen, er wusste welchen Weg er nehmen solle, welcher am sichersten war.

In Gondor war der erste Weg zu Leotiels Familie, von der sie herzlichst empfangen wurden, auch Sveawyn, der sogleich ein Schlafgemach zugeteilt wurde, mit der Einladung sie könne so lange bleiben wie sie wolle, sie sei ein willkommener Gast in diesem Hause. Am ersten Abend im Hause Ahrenholz fand sich Sveawyn irgendwann mit der versammelten Familie am Tische wieder, alle Brüder von Leotiel waren benachrichtigt und zum Essen eingeladen worden, sowie weitere Onkel und Tanten. Wenngleich der eigentliche Grund für Leotiels Rückkehr nicht gerade zum feiern einlud.
Wieder und wieder musste Leotiel ihre Geschichte erzählen, weshalb sie so lange in der Ferne verblieben war, immer wieder berichtete sie von dem Mann der ihr Herz erobert hatte, bei dem sie geblieben wäre wenn der Tod sie nicht entzweit hätte. Auch um Sveawyn wurde sich gesorgt und gekümmert. Und doch saß sie, etwas hilflos an der großen Tafel. Vor sich auf dem Platz verschiedene Gläser, mehrere Bestecke liegend. Doch eben jene Tatsache schien niemand zu bemerken, sicher dachte, jeder ihre etwas verklärten Gesichtszüge, dem kürzlichen Verlust ihres Vaters zu. Sie ließ ihren Blick über die Tafel schweifen, kam sich vor wie in einer fremden Welt. Wenngleich sie ob ihrer Arbeit als Stallmagd gewohnt war der höheren Gesellschaft zu begegnen so war es doch immer etwas anderes gewesen. Jeder im Breelande wusste das sie nur eine Stallmagd war und dort erwartete auch niemand von ihr sich derart angepasst zu verhalten. Doch hier saß sie mit den Leuten an einer Tafel, allesamt waren sie fein gekleidet, führten Gespräche.
Die Diener servierten den ersten Gang, ein Teller mit Suppe fand seinen Platz vor Sveawyn, die stocksteiff auf ihrem Stuhl saß, die Hände auf dem Schoß gelegt und erst mal abwartete was denn die restliche Gesellschaft nun tat. Als fertig serviert war und einer nach dem anderen zu essen begann bewaffnete sich auch Sveawyn mit einem Löffel, ihr Blick glitt hastig hin und her, glitt dann wieder an ihre eigene Hand mit dem Löffel darin. Schnell legte sie ihn wieder ab. Sie wandte sich nach rechts als sie einen sachten Stubs an ihrem Arm verspürte. Ein Mann der ihr zuvor noch als Ealothir, ein Cousin von Leotiel, vorgestellt worden war schenkte ihr ein Lächeln und nickte gen seiner rechten Hand welche gerade den Löffel vom Tisch aufnahm. Sveawyn sah ihm genau zu, griff dann wieder an ihren Löffel und nahm ihn ebenso in ihre Hand wie sie es eben von ihrem Nachbarn gesehen hatte. “Danke” flüsterte sie ihm kurz zu ehe sie gemächlich begann ihre Suppe zu verspeißen, darauf bedacht bloß nicht zu schlürfen. Mit Hilfe von Ealothir überstand Sveawyn einen Gang nach dem anderem in dieser hohen Gesellschaft, mit jedem weiteren Teller sank ihre Aufregung und sie trank das erste Mal in ihren Leben Wein zum Essen.
Nach dem Essen wurde sie jedoch wieder von Leotiel an die Seite genommen und überstand mit ihr den restlichen Abend.

Zwei Tage später machten sich die beiden Frauen gen Mittag auf den Weg. Leotiel führte Sveawyn herum, zeigte ihr Sehenswertes, Orte von denen sie wusste das ihr Vater jene auch schon gesehen hatte. Letztendlich gelangten sie an einen ruhigeren Ort, einem Hügel, von ihm aus konnte man die ganze Stadt überblicken.
“Über diesen Fleck sprachen wir einmal, er konnte sich gut daran erinnern und sagte das er wohl gern hier verweilte, das viele Erinnerungen an diesem Ort liegen. Ich denke dies ist ein guter Platz für ihn. Wenn du ebenso denkst”. Leotiel lächelte ihr zu.
“Du hast ihn besser gekannt als ich, glaub ich. Und hier ist es wirklich schön” Sveawyns Blick glitt umher, bis ihr ein großer, alter Baum ins Auge fiel, schnellen Schrittes ging sie darauf zu, gefolgt von Leotiel. “Hier, genau hier” sprach sie, schloss ihre Augen und atmete die Abendluft ein, stellte sich vor wie ihr Vater vor Jahren genau hier unter diesem Baum gestanden war, wie er ebenso den Geräuschen lauschte die sich einen Weg hier herauf bahnten und wie er die selbe Abendluft einatmete.
“So soll es geschehen” sprach Leotiel. Noch ein paar Tage später sollten sich beide Frauen erneut hier einfinden, diesmal mit der Urne in Händen die sie nahe des Baumes vergruben.

Diesen Abend ging Sveawyn schnell in ihr Schlafgemach, sie brauchte Ruhe, für sich und ihre Gedanken, doch gerade als sie sich auf das Bett setzen wollte fiel ihr Blick auf das Kleid das darauf lag, ein kleiner Zettel darauf, auf dem mit schwungvoll geschriebenen Worten “Für Sveawyn – Damit ihr euch bei dem nächsten Essen nicht einmal mehr durch eure Kleidung abhebt” geschrieben stand. Sie schmunzelte kurz, ein Kleid – für sie! Es war lange her das sie ein Kleid trug, wenn man von dem alten Fetzen zur Stallarbeit absah, sie hatte sich damals nicht sonderlich wohl darin gefühlt und mehr am Stoff gezerrt als sonst etwas. Dennoch hob sie es hoch, hielt es sich vor die Brust und blickte an sich hinab, sogar ihre liebste Farbe. Doch von wem war es? Leotiel hätte es ihr doch einfach so geben können. Sollte sie überhaupt dieses Geschenk annehmen? Da sie gerade genug andere Dinge im Kopf hatte, hängte sie das Kleid über einen Stuhl und ließ sich nun auf dem Bett nieder, sich die kleine Zeremonie um ihren Vater noch einmal in das Gedächtnis rufend.

Die Tage vergingen und nun, nachdem sie ihren Vater begraben hatte, erschien der Schmerz, über seinen Verlust mit jedem Tag ein wenig kleiner zu werden, zudem war sie meist viel beschäftigt, war doch im Hause Ahrenholz immer etwas los. Natürlich ließ Sveawyn es sich nicht nehmen den Stall zu erkunden. Er war groß und es standen einige schöne Pferde darin.
Außerdem stand ein weiteres Familienessen an. Sveawyn beschloss für diesen Abend das Kleid das sie auf ihrem Bett vorgefunden hatte, welches übrigens wirklich nicht von Leotiel war, anzuziehen. Sie begrüßte die Gäste, sie knickste und das alles in einem Kleid! Sicherlich konnte man ihr ihre Unsicherheit an kennen, sicherlich konnte man bemerken  das sie sich gerade in einer ihr fremden Welt befand aber doch behandelte sie jeder so als eine der ihrigen.
Die Sitzordnung ähnelte der letzten und sie freute sich neben sich ein vertrautes, hilfreiches Gesicht zu erblicken.
“Das Kleid steht euch sehr gut Sveawyn, ich hoffe ich habe euren Geschmack getroffen?” raunte Ealothir ihr leise, so das es sonst keiner hören konnte, zu. Ihre Augen weiteten sich leicht. “Es ist von di..äh..euch? Ehm, danke und ja es gefällt mir”
Den Rest des Abends führten die beiden ein durchaus interessantes Gespräch, Sveawyn erzählte ihm in ihrer offenherzigen Art, was sie denn im Breeland  machte, ebenso wie es dazu gekommen war. Ealothir war, wie die meisten in der Familie, ein erfolgreicher Händler, viel unterwegs in Gondor und immer etwas zu tun.

Die Tage vergingen weiterhin, einer nach dem anderen. Sveawyn konnte beobachten wie das Leben langsam aber stetig wieder einen normalen Verlauf für Leotiel annahm, sie begleitete die Händlerstochter bei so manchen Geschäften. Doch ihr eigenes Leben schien hier still zu stehen, sicher genoss sie es hier zu sein, was bei der Gastfreundschaft auch nicht weiter verwunderlich war, die erste Trauer war langsam verarbeitet und schon bald stellte sich bei Sveawyn das Gefühl ein das es an der Zeit war wieder zurück zu kehren, in das Breeland, zum Fürstentum, ihren Freunden, ihrer Wahlheimat eben.
Gerade als sie ihre Gedanken zum Ausdruck bringen und das Gespräch mit Leotiel suchen wollte kam ihr Ealothir entgegen.
“Sveawyn, würdet ihr mir die Ehre erweisen mich morgen auf einen Ausritt zu begleiten?” der Blick mit dem er zu ihr sah ließ ihr nicht viel Raum für eine Absage, außerdem mochte sie den Mann und immerhin hatte er ihr sehr geholfen sich beim Essen zurecht zu finden.
Am nächsten Tag machten sich die beiden früh auf den Weg, raus aus der Stadt, hinein in die unberührte Natur Gondors. Sveawyn war überrascht welch gute Figur der Händler doch auf einem Pferd machte, auch als sie ihr Pferd in einen schnellen Galopp an trieb konnte er ihr ohne Probleme folgen.
Ehe sie sich auf den Rückweg machten, hielt Ealothir inne, Sveawyn blieb neben ihm stehen.
“Sveawyn, ich wollte noch mit euch sprechen. Ich würde euch gerne näher kennen lernen, so ihr diesen Wunsch auch verspürt. Ihr habt etwas an euch, ich kann es nicht beschreiben, doch zieht es mich an wie das Licht eine Motte”.
Sie wusste einen ganzen Moment nicht wie sie darauf reagieren sollte, ehe sie ihre Worte an ihn richtete. “Ich, ehm, ihr wisst das ich hier nur zu Gast bin?”
“Natürlich, dessen bin ich mir bewusst, doch denke ich, das ihr durchaus noch länger hier verweilen könnt und dann vielleicht sogar noch länger bleibt als ihr es euch je hättet vorstellen können”. Sein Blick glitt über ihr Gesicht, suchte den Kontakt mit ihren Augen.
Sachte schüttelte Sveawyn den Kopf “Tut mir leid, aber ich kann nicht. Ich muss zurück und ich werde zurück gehen, schon bald”.
Die Enttäuschung stand Ealothir in sein Gesicht geschrieben, ein kurzes Nicken, ein knappes “Ich verstehe, wir sollten uns nun auf den Heimweg machen” und schon trieb er sein Pferd wieder an.
Leotiel reagierte ähnlich auf Sveawyns Worte wenn auch aus einer anderen Absicht heraus, sie hatte die Tochter ihres verstorbenen Gefährten in ihr Herz geschlossen, doch verstand sie auch das jene wieder zurück wollte, im Grunde sogar musste wenn man den Eid bedachte den sie geleistet hatte. So blieb ihr nicht viel Wahl als ihr alles gute zu wünschen, ihr nahe zu legen das sie immer in ihrem Hause willkommen war und alles für ihre Abreise vor zu bereiten.
Viele waren noch vorbei gekommen um Sveawyn zu verabschieden, sie sollte mit einer kleinen Gruppe bestehend aus vier Mannen zurück in die Breelande reisen. Ealothir allerdings war nicht gekommen um sie noch einmal zu sehen.

Inzwischen waren Sveawyn und ihr Geleit beim Hause des Fürsten angekommen.
“Nun dann Sveawyn, hiermit habe ich euch gut hier her gebracht. Kann ich noch etwas für euch tun?”
Sie schüttelte den Kopf “Nene, danke nochmal das ich gleich her konnte.  Auf dann”.
“Auf dann Sveawyn und alles gute noch” er deutete eine Verbeugung zu Pferd an, ehe er sich wieder auf den Weg machte, wohl zurück zur Herberge.
Die Stallmagd hingegen sprang vom Pferd, legte die Hände an ihren Hintern und stöhnte leise auf, offensichtlich tat es selbst ihr gut nach so langer Zeit wieder aus dem Sattel zu kommen. Leise öffnete sie die Stalltür und trat ein, stellte ihre Stute ab und versorgte sie noch.
Wie es dem Haushalt wohl ergangen war? Wie es ihren Freunden ging? Die Fürstenkinder waren sicher ein ganzes Stück gewachsen und Fianah sollte bereits ihr Kind bekommen haben. Ob dann aber noch Platz für sie oben im Zimmer war? Ob sie einfach nachsehen sollte, aber immerhin war es mitten in der Nacht.
Ihr Blick ging im Stall umher und sie steuerte auf den großen Strohhaufen zu, ließ sich hineinfallen. Vielleicht war es besser bis morgen früh zu warten, zudem war sie selbst ziemlich müde. Ihre Hand glitt noch kurz in die Tasche, holte eine Rose hervor die bereits getrocknet war. Sie hatte die Blume an ihrem ersten Rastort der Reise gefunden, jemand musste sie ihr in die Tasche gesteckt haben vor ihrer Abreise, doch war diesmal kein Zettel dabei gewesen. Sie betrachtete sie noch einen Moment ehe sie ihre Augen schloss. Kurz darauf ist das leise Schnarchen einer zurück gekehrten  Stallmagd zu hören.

  1. Sybell sagt:

    Sehr schön! Jetzt wissen wir auch mal was passiert ist *nick* Und ich freu mich auf die zwei neuen Chars *grinst*

  2. Fianah sagt:

    Svea ist wieder da! *freu*

Du musst eingeloggt sein, um zu kommentieren.