Run Free

Alejandro Salas
28. November 2008 • Kommentare: 2

Wenn Gras nach einem Ort schmecken konnte, dann schmeckte dieses Gras, so beschloß er, nach Rohan. Aber vielleicht lag das auch daran, daß er sich im tiefsten Inneren bewußt war, daß das hier – wo auch immer genau dieses Hier sein mochte – eben in Rohan sein mußte. Er wußte nur nicht, woher er diese Gewißheit hatte.

Auf der weiten Wiese, welche für ihn kein Ende zu nehmen schien, sah er zwei Pferde. Beide in völlig tadellosem Zustand. Das eine der beiden war eine Stute, deren Mähne und Fell feuerrot im Sonnenlicht glänzten. Ein Tier, auf das jeder Besitzer, so sie denn einen hatte, stolz sein mußte. Das stand völlig außer Frage. Das zweite Pferd war ein schwarzer Hengst, dessen Fell das Licht schon fast zu schlucken schien. Er war so voller Tatendrang und Übermut, daß es dem Tier völlig unmöglich schien stillzustehen. Ständig galoppierte er mit seinem eigenen Schatten um die Wette, tänzelte nahe der Stute oder scharrte ungeduldig mit einem Huf über’s Gras.

Der Himmel war wolkenlos, ebenso wie die beiden Tiere völlig sorglos zu sein schienen.

Weder Wetter noch Stimmung änderten sich, als ein drittes Pferd an die ersten beiden heran trat. Der Kopf des Tieres war stet gesenkt, dennoch schnupperte und schnaubte es stet in Richtung der Stute und machte damit klar, was andere Blicke ebenso enthüllt hätten – auch bei diesem Tier handelte es sich um einen Hengst. Allerdings war er in einem weit schlechteren Zustand: Das Fell war ein mattes, dunkles Braun, die Mähne struppig. Hier und da hatte er Schlammkrusten in Fell und Mähne. Stellenweise fehlte sogar Haar, welches dann ausgefallen oder sogar weggebrannt schien.

Die anderen beiden stellen neugierig die Ohren auf und schnupperten mindestens ebenso neugierig. Aber nach dem ersten anfänglichen Zögern hatte man sich bald an die Gegenwart des Dritten gewöhnt. Und so tollten sie alsbald zu dritt über das endlos scheinende Grün. Unbeschwert und ohne Kummer. Gelegentlich kniffen sich die Hengste im Spiel mit den Zähnen, nie aber wirklich schmerzlich tief. Und nie wichen sie der Stute von der Seite.

Für eine Weile lebten sie in einer kleinen, perfekten und ungestörten Welt. Irgendwo in der Ferne war das leise Schwappen von Wellen an ein Ufer zu hören. Leise und unaufdringlich. Dann und wann kam ein kühlender Wind auf, welcher allen dreien nur all zu willkommen war, vor allem, wenn die Sonne ein wenig zu heiß vom Himmel schien. Es gab keinen Schatten. Aber der war auch nicht nötig.

Unvermittelt jedoch trat der Braune von den anderen beiden weg. Sein Kopf, den er zeitweise sogar stolz erhoben getragen hatte, sank wieder gen Boden und er trottete unbeirrt los in eine Richtung, welche von der Wiese führte. Die Stute stellte die Ohren immer wieder neu aus, wieherte dem Fremden nach. Aber dieser blieb nicht stehen. Auch zögerte er lediglich kurz als der Schwarze ihm den Weg verstellte. Kaum hatte sich dieser wieder gerührt, setzte der andere seinen Weg wieder fort. Ganz als wäre nichts gewesen.

Und so blieben zwei zurück. Der Schwarze nahm den Kopf runter und begann so schnell ihn seine vier Beine tragen wollten zu laufen, fegte rücksichtslos weiter, immer die Stute dicht an seiner Seite. Nur jetzt bremste er nicht mehr. Für keinen Stock, keinen Stein, kein Hindernis. Er lief und lief weiter in einem Versuch das Nichtverstehen aus seinem Blut zu rennen.

Bis ihm die Beine wegbrachen. Und nur noch sie bei ihm stand.

  1. Elmion sagt:

    sehr… sehr geil geschrieben Solan… vor allem wenn man weiß worum es geht 🙂

  2. Sethur sagt:

    Mhh – nettes Bild, das.

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