Das Zimmer war in kaltes Zwielicht getaucht.
Kein Feuer brannte und nur der weißlich schimmernde Mond schien durch die Fenster des Gästehauses.
Kostja Flaré hockte in einer Ecke des Zimmers. Sein Blick war leer und er schien die Welt um sich herum ausgeblendet zu haben.
Gedankenverloren glitten seine Finger zu dem Glas Waldbeerenmarmelade, welches er neben sich auf den Boden gestellt hatte.
Sanft tauchte er Zeige- und Mittelfinger in die süße, klebrige Masse.
Schmatzend leckte er sich die Finger ab.
Das schmeckte gut. Ein Geschmack, den er so nicht kannte. Das Breeland hatte seine kleinen, wertvollen Geheimnisse für den Jungen aus Belfalas.
Wie in Trance wirkte er.
Doch er war es gewohnt, seine Umwelt nahezu vollkommen auszublenden, wenn er sich wichtigen Gedanken widmete.
In seinem Kopf tobte ein Sturm. Es war wichtig.
Mittlerweile waren schon einige Tage vergangen, seit er all das Blut gesehen hatte.
Er hatte Zeit gehabt, über den Anblick hinweg zu kommen.
Der Anblick des Blutes an sich war ohnehin zwar erschreckend, doch keinesfalls der Grund seiner Verzweiflung.
Vielmehr war es die Tatsache, dass da so viel Blut gewesen war.
Vielmehr war es der Grund, wieso da so viel Blut gewesen war.
Vielmehr war es die Gelassenheit, mit der die anderen Mitglieder des Hauses es hinzunehmen schienen.
„Ich bedauere es zutiefst, dass Euer Frühling hier endet.“
Kostja hatte im Blick des Fürsten etwas eingefangen. Etwas, das er damals nicht deuten konnte, dafür war er viel zu schockiert gewesen.
Selbst jetzt erkannte er zwar den Sinn seiner Worte, wohl aber ihre Intention.
Angestrengt hatte er versucht, sich an die Stimme des Monsieur le princier zu erinnern.
Hart. Unerbitterlich. Gelassen. Mitfühlend. Melancholisch. Zornig.
So viele verschiedene Emotionen in der Stimme eines Mannes. Kostja konnte daraus nur zwei Schlussfolgerungen ziehen.
Zum einen war Alejandro Salas ein exzellenter Rhetorik, ohne Zweifel Kostja weit überlegen.
Zum anderen wusste er wohl selbst nicht ganz genau, was er gerade eigentlich fühlte. Fühlen wollte. Fühlen sollte.
Es gab viel über diesen Mann zu lernen. Viel von ihm zu lernen.
Mit einem Mal durchschoss Leben Kostjas schlaffen Körper. In seine Augen trat wieder eine Form von Fokus, er richtete sich auf und hockte sich in den Schneidersitz.
Mit den Fingern tauchte er ins Marmeladenglas ein. Er fuhr mit ihnen kurz an seinem Mund vorbei und leckte daran, dann richtete er sie auf den Boden und begann zu schreiben.
Minas Faer
Alejandro Salas
Breeland
Gewalt – Tod – Blut
Eine Weile lang saß er wieder vollkommen regungslos da und betrachtete die hingeschmierten Worte, geschrieben mit klebriger Tinte auf steinernem Papier.
Dann schrieb er ein weiteres Wort, etwas versetzt unter die anderen.
Kostja
Er steckte seine Finger in den Mund und leckte sie sauber. Dann erhob er sich und strich sich mit dem langen Ärmel seiner Leinentunika über den Mund.Er war immer noch ein Mitglied des Hauses. Ein Mitglied der Kavallerie. Er würde weiter im Breeland bleiben. Ein grimmiger Kampfeswille durchfuhr ihn.„Ich lasse mir von euch meinen Frühling nicht nehmen.“, knurrte er und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
Dann verließ er den Raum.
Kostja! Du sollst das „so sauber, daß man vom Boden essen kann“ nicht so wörtlich nehmen! 😀
War mein Marschall schon brav und hat geprüft?
Der arme Junge. Jaja Minas Faer ist kein Ponyhof 🙂
*Bregon für den Titel ditsch*
*Bregon für den titel ebenfalls ditsch, Franzosenmodus an* Ah non, le sang, c’est masculin! *Franzosenmodus aus* 😉
Sehr hübsch verfasst! Das mit dem Frühling ist schön, ich bin gespannt, ob es ihm in Minas Faer gelingt…
Upps… korrigiert.^^