Die Krone der Schöpfung

Alejandro Salas
19. Januar 2009 • Kommentare: 9

Keinen Brief in seinem Leben hatte Alejandro Salas so ungerne verfaßt, wie diesen. Und dennoch hatte er sich zu keinem mehr verpflichtet gefühlt.

Nicht die kalte Pflicht durch Rang und Namen – sondern die Schuldigkeit gegenüber einem Menschen, der einem teuer war. Und kaum jemand war ihm so teuer gewesen, wie Alrich Dorn. Der Mann, den er einst Perro getauft hatte. Der einzige Lebende, der Burro wirklich gekannt und gesehen hatte. Der den Anblick jener Tage nunmehr mit in ein Grab genommen hatte, das trotz seines Alters als früh erschien. Niemand hatte so viele der Geheimnisse des jungen Fürsten gekannt wie Alrich Dorn. Und so verschwand nun also eine der letzten Spuren an eine Vergangenheit, deren Namen kaum noch jemand sprechen konnte.

Der Brief war nun schon seit Stunden fertig. Aber Alejandro hatte es immernoch nicht fertiggebracht die Feder beiseite zu legen. Lynne hatte nun schon mehrfach nach ihm gesehen. Er hatte ihre Schritte gehört, hatte gehört wie sie im Türrahmen verharrte. Und hatte ihr Atmen gehört, als sie nicht näher trat. Er war ihr dankbar dafür, sah sich außer Stande diesen letzten Moment wirklich mit jemandem zu teilen außer dem, für den er bestimmt war. Er würde es ihr sagen. Später. Wenn er die Feder endlich loslassen konnte.

Der Brief würde seinen Empfänger nicht erreichen. Er würde ihn morgen bei Sonnenaufgang verbrennen und dabei, so hoffte er, die Hand seiner Frau halten können. Seinem Einreden nach schrieb er diesen Brief für Alrich. Aber der würde ihn nie lesen können. Und so mußte er sich eingestehen, daß diese spärlichen Worte das Letzte sein würden, was er dem Alten wirklich verwehrt hatte. Er hatte keine Wahl darin gehabt, das wußte er. Und so blieb ihm nur die Hoffnung, daß Alrich unbewußt gewußt hatte, was Alejandro dachte in jenen Tagen, die seine letzten waren.

Mein treuer Vater,

So fällt es mir nun zu euch ein letztes Mal sichere Wege zu wünschen, wohl wissend, daß euch nichts blieb als diesen Wunsch vorauszuahnen. Verzeiht also dem Fürsten, den ihr geboren, daß er euren Wunsch billigte und zu respektieren suchte. Und vergebt auch ihm selbst dafür euch diese Zeilen zu senden, jetzt, da euer Auge sie nicht mehr sehen kann.

Keiner der Anderen wird je wirklich verstehen, was uns verband. Ich glaube Lynne mag es erahnt haben, als Einzige. Vielleicht in Ansätzen der junge Sethur. Aber ihr und ich, wir beide wissen es besser. Wir haben uns in all unseren Schwächen gesehen, wie kein anderer. Diesen beiden und mir werdet ihr am meisten fehlen. Ich wage nicht zu urteilen, welche Rolle ihr für sie gespielt habt. Aber ich sehe es in ihren Augen. Wenn ihr nur Gelegenheit gehabt hättet, es auch zu sehen…

Sie und ich hatten beide gehofft, ihr könntet dieses Kind noch sehen. So bleibt uns also nur zu beten und zu erträumen, daß ihr es jetzt, woimmer ihr auch sein mögt, noch könnt. Und wenn ihr es tut, vergeßt die Wurzeln dessen Vorväter. Wacht über dieses Geschöpf. Dereinst werde ich von euch erzählen, so wie ihr es getan hättet, wie ich hoffte. Von einem jungen, fehlgesetzten Narren und dem alten Soldaten, die sich beide nie trennen konnten. Dinge die geschahen. Und andere, die es nie taten. Ich werde versuchen, ein schönes Bild von euch zu malen, auch wenn es euch nicht gerecht werden wird, wie ich weiß.

Bei den Valar, ihr habt mir schon gefehlt, als ihr zu den Klingen aufbracht. Und nun, Alrich? An wen kann man sich nun noch wenden, jetzt, da alle Väter Staub sind.

Auf eurem Weg denkt an dieses Wissen: Ohne euch, Alrich Dorn, gäbe es kein Minas Faer. Ohne euch, Alrich Dorn, gäbe es keinen Fürsten Salas. Und ich möchte lieber nicht darüber nachdenken, Alrich Dorn, ob es ohne euch wirklich noch Alejandro gäbe. Ihr habt mich immer gefangen. Sogar, wenn ich nur noch um die Welt weinen konnte. Euer Name wird immer der erste in meinen Ohren sein, wenn jemand ‚Minas Faer‘ ausspricht. Und sobald der Haushalt nach Gondor zurückkehrt, jenes fernen Tages, wird man sich dort euer für alle Ewigkeit erinner.

Die rechte Hand eines Fürsten sollte eigene Quartiere haben. Euch mag bekannt sein, daß sie meist einen Flügel im Hauptgebäude einnehmen. Oder einen Turm. In Minas Faer wird es ein Turm sein. Ich kenne seinen Namen bereits. Und damit wird ihn die Stadt nie vergessen. Nie euch vergessen. Und keines der Kindeskinder dieses Traums.

Wo immer ihr nun also sein mögt, erfüllt, so ihr könnt, eurem jungen Herrn einen letzten Wunsch: Bereitet an diesem neuen, besseren Ort die Plätze für jene, die euch folgen werden. Die besseren Männer der Stadt. Jene, die es verdient haben nach euch zu stehen – und dies in Ehre tun. Und empfangt sie wohlwollend, sobald ihre Zeit gekommen ist.

Wartet nicht auf mich. Es ist nun Zeit, Abschied zu nehmen, Alrich. Den Tod einer Klinge mögt ihr gestorben sein. Jene, die nur eine Familie kennen. Ich werde ihnen nicht sagen, daß wir beide darin gelogen haben.

Adelante.

– Alejandro –

  1. Alrich sagt:

    Danke. Mehr kann ich nicht sagen. Danke.

  2. Anjoun sagt:

    Es war eine der – zumindest in meiner Erinnerung – besten Szenen meiner bisherigen kurzen RP-Karriere. Und der Blog passt dazu. Gibt ja wenig genug, dass ich ernsthaft „rührend“ nennen würde. Das Wort alleine gefällt mir ja schon nicht. Egal.
    Der Blog ist der Sache angemessen. Punkt.

  3. Bregon Strago sagt:

    Ich muss ganz ungelogen sagen, dass ich jetzt feuchte Augen habe.
    Blogs wie dieser geben mir das Gefühl, dass wir hier kein simples Hobby betreiben wie Angeln oder Dart spielen – wir sind mitten drin in einer epischen Geschichte, einem Märchen.
    Das ist schön. 🙂

  4. Kashin Daedeloth sagt:

    Wie schon gesagt: Sehr sehr schöner Blog. Wirklich ergreifend 🙂

  5. Sethur sagt:

    auch von meiner Seite und hier noch einmal gesagt: ein absolut angemessener und sehr guter Blog zu einer – so finde ich – sowohl sehr eindeucksvollen wie schönen Situation/Szene. Ich muesste lügen, würde ich bestreiten, dass dieser blog zu den in meinen Augen besten von dir gehoert, was sicher nicht nur mit der Situation zusammenhaengt.

    Was mir bei alrich noch auffällt, was ich, glaube ich, im Grunde versäumte zu sagen: Danke für den Kämmererposten für meinen Char, euch beiden. 🙂

  6. Liniath sagt:

    *seufzt und haltung annehm*

  7. Sanguisa sagt:

    *Hut zieht und salutier*

  8. Iyrawen sagt:

    *heiße Tränen ins Feuer weint*

    Und dabei kannte ich ihn kaum…

    Sehr, sehr rührend verfasst!

Du musst eingeloggt sein, um zu kommentieren.