Vernunft

Fianah Rattner
19. Juni 2011 • Kommentare: 5

„Vernünftig bleiben. Ich muss…vernünftig bleiben.“ Wie ein Mantra wiederholte sie diese Worte im Geiste. Passend dazu, kritzelte der Stift in ihren Händen immer wieder über die gleiche Stelle auf dem Pergament. Eigentlich war es mal ein gelungenes Bild. Ein Bild von der Landschaft, die sich ihr von Rogonns Terasse aus bot. Wirklich äußerst penibel gepflegte Rhododendronbüsche, im Hintergrund ein Stück der Bühne vor Nikos‘ Haus, ein Brunnen direkt neben der Treppe, der Weg welcher zu dem kupferberschen Anwesen führte. All jenes, jetzt nur noch zu erahnen.  Angespannt zog der Stift weiter seine Kreise auf dem Blatt Papier.

„Du darfst nicht einfach weglaufen. Du _musst_ hierbleiben. Tu nur einmal das worum du gebeten wurdest. Nur einmal!“ Es war ja nicht so, dass sie hier irgendetwas auszustehen hätte. Mal abgesehen von Hyleas Besuch. Wobei auch dieser Abend an sich nett war. Bis zu dem Punkt, an dem ihr wieder einfiel, was sie mit dem Namen der Frau zu verbinden hatte. Seis drum. Eigentlich kein Grund so barsch zu reagieren. Trotzdem hatte sie es getan. Das es ihr im Nachhinein sogar leid tat, wird wohl nie jemand erfahren. Weil vermutlich nie jemand nachfragen würde, wieso sie sich so verhalten hatte. Wie auch immer. Alle hier waren nett zu ihr und sie weiß wie dankbar sie sein müsste, hier Zuflucht gefunden zu haben. Dankbar war sie auch. Trotzdem wollte sie nichts anderes tun, als auf ihr Pferd steigen und wegreiten. Noch nie war sie solange von ihrem Sohn getrennt. Hätte sie ihn doch nur mitgenommen. Aber jetzt zu gehen wäre nur eine weitere Dummheit, die sich in die lange Liste schon begangener Dummheiten einreihen würde.

„Also bleib hier. Hier zu sein, ist das Richtige.“ Würde sie gehen, was würde geschehen? Im schlimmsten Fall würde dieser Kopfgeldjäger sie in die Finger kriegen oder ihr folgen. Eine andere Begegnung, die sie lieber meiden würde, wäre die mit Heron. Auch ihm könnte sie über den Weg laufen und dann…dann müsste sie erklären was passiert ist. Er würde ihr vermutlich den Kopf abreißen. Also ist es besser es bei der schriftlichen Warnung und dem Tipp zu belassen. Aber am allerschlimmsten wäre wohl, dass sie mit einem Weggang noch mehr Schwierigkeiten für Sethur machen würde.

Ein Teil von ihr wünschte sich, ihm einfach nur einen schönen Tag gewünscht zu haben. Nichts von ihrem Vorhaben erzählt zu haben. Ihn nicht gefragt zu haben, ob er denn kämpfen könnte. Dann wäre zumindest dahingehend alles gut und sie bräuchte kein schlechtes Gewissen zu haben. Andererseits…was wäre wohl passiert, wäre er nicht da gewesen? Eine Hand fuhr unwillkürlich zu dem kleinen Schnitt an ihrem Hals. Da wo Verrek den Dolch hingehalten hatte. Da wo er ihn in ihre Haut schneiden ließ. Nie hätte sie gedacht jemandem mal 2000 Silber wert zu sein. Auch wenn es natürlich makaber ist eine Freundschaft in Geld aufzuwiegen. Zumal sie anfangs nie gedacht hätte mit jemandem wie ihm befreundet zu sein. Diese ständige kühle Distanziertheit, das falsche Lächeln, welches sie sehr wohl durchschaut hat und dieses gewisse Maß Arroganz, luden eigentlich nicht unbedingt ein hinter die Fassade zu sehen. Trotzdem hat sie es gemacht und sie mochte nun mal sehr was man dort fand.

Darüber nachzudenken half. Ihr Blick senkte sich auf das Pergament und zie verzog den Mund leicht. Sie würde also bleiben. Vorerst.

  1. Rogonn Kupferberg sagt:

    Sehr schön, sehr schön! Dann hat Odo also doch nicht umsonst die Taschen die Treppe heraufgepuckelt! 🙂
    Und es gibt auch noch jede Menge Zeichenpapier für neue Bilder…

  2. Sybell sagt:

    Ich frage mich grad ob Bry erfahren kann wo sie steckt. Und wer kümmert sich um den Kleinen?

  3. Fianah sagt:

    Mhhh vielleicht über Sethur? Ist zur Zeit eh ein gefragter Mann…meine beiden Chars wollen auch mit dem reden *g* Und Arian ist in guten Händen 😉

  4. Heridan sagt:

    Wozu hat der überhaupt Paten wenn er da eh nicht abgegeben wird? 😛

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