Ruhe bewahren. Das war es was er tun musste. Was er tun sollte. Was ihm aber furchtbar schwer fiel. Immerhin hatte er dafür gesorgt, dass seine Schwestern in Sicherheit waren. Nur wenige Tage waren vergangen, seit ihm berichtet wurde, vom Tod seiner Mutter. Vom Tod seines Vaters. Er ergriff noch am selben Tag die notwendigen Schritte um sie Richtung Heimat zu schicken. Bei ihrer Tante oder ihrem Onkel würden sie wohl Zuflucht finden. So hoffte er, während er sein Schwert gurtete. Zum Leidwesen seiner Mutter hatte er schon recht früh gelernt damit umzugehen. Zahlreiche Übungsstunden hatten ihn trotzdem nicht auf das, was nun vor ihm lag vorbereitet.

Begnadigt wurden sie. Alle beide. Dafür das sie seine Eltern getötet hatten. Verrat…ein Wort das im Hause Aldorn groß geschrieben wurde. Zumindest seiner Ansicht nach. Unerheblich was die Vergangenheit betraf. Blut für Blut. Das sollten sie haben. Für einen Moment verschwendete er einen Gedanken daran, wann dieser Spruch endete. Wann es genug Blut vergießen gab. Es würde immer jemanden geben, der das Blut eines anderen forderte, weil dieser ihm geliebtes Blut genommen hatte. So auch er.

Hängen sollte er also. Aranglir Astorad. Er und ein paar seiner verbliebenen Männer. Das wäre wohl die letzte Gelegenheit, die sich ihm bieten würde, ehe auch er selbst fliehen würde. Der eigentliche Plan, sich unkenntlich zu machen, um nahe genug heran zu kommen, so dass er ihnen sagen konnte _was_ sie getan hatten, war zu umständlich und zu gefährlich. Also galt sein letzter Handgriff seinem Bogen und dem zugehörigen Köcher, ehe er sich endlich auf sein Pferd schwang, um in Richtung der Stadt zu reiten.

An seinem Ziel angekommen, kletterte der Junge auf den Sattel seines Pferdes und schwang sich in die Äste eines Baumes. Von dort aus spähte er auf die Szenerie. Ein aufgebauter Galgen vor der Stadt. Dies war wohl der Grund wieso Aranglir nicht gleich gerichtet wurde, sobald sie ihn gefasst hatten. Es dauerte seine Zeit dieses Gerüst aufzubauen. Menschen. Viele Menschen, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Die farblosen Gesichter, die er nicht kannte, blendete er aus. Was er sah, war sein Patenonkel, der neben dem Galgen stand, wohl um später den Tod der Gehängten zu diagnostizieren. Natürlich Aranglirs stolzes Gesicht, welcher sie zu selten besucht hatte, der ihm aber trotzdem ans Herz gewachsen war. Die ausdruckslose Miene einer Klinge, die das Ganze überwachte und da…dann sah er etwas lilanes aufblitzen. Sofort verengten sich seine Augen und sein Blick fokussierte sich auf die Gestalt. Er griff nach seinem Bogen, spannte ihn und legte einen Pfeil ein. Ein Auge schloss sich und er zielte auf Bryanne Aldorn. Die Frau, die seine Mutter erstochen hatte. Die Frau, die seine Mutter Freundin nannte. Die Frau, deren Sohn der Schwarm seiner Schwester war.

Wie eine Ewigkeit kam es ihm vor, dass er den Bogen gespannt hielt. Alle schienen sich nur noch in Zeitlupe zu bewegen. Die Spitze seines Pfeiles folgte Bryanne Aldorn dabei. Wann endete nun der Spruch Blut für Blut? Wieder kam ihm dieser Gedanke. Weiter schwiffen sie ab…Seine Mutter hätte nicht gewollt, dass er für sie zum Mörder wurde. Tränen schossen in seine Augen, bei dem Gedanken an sie. Tränen, die dazu führten dass er keuchend ausatmete, erst jetzt fiel ihm auf, dass er wohl die Luft angehalten hatte. Nein…er war kein Mörder. Der Bogen sank und fiel schließlich durch die Äste, die unter ihm lagen. Wenn es so sein sollte und es nicht enden sollte, dann würde er kein Teil davon sein. Für ihn hatten die Worte Blut für Blut jegliche Bedeutung verloren…

  1. Heridan sagt:

    Wie erfrischend untödlich. Sehr schön.

  2. Gwaethil Eglainion sagt:

    Oh ja! Und sehr schön, daß sie Astorad auch noch gekriegt haben.

  3. Cinlir Winthallan sagt:

    Woohoo Arian! 😀

  4. Giselher sagt:

    Auch eine sehr schöne Variante!

  5. Fianah sagt:

    Ich entschuldige mich an der Stelle auch offiziell dafür Sethurs Wünsche nicht eingebaut zu haben. *Asche auf mein Haupt*

  6. Sethur sagt:

    Wünsche? Hüm? Achso, ja: Verdammt, Bryanne lebt!

    Toller Blog, dennoch! 😉

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