Soldaten weinen nicht

Ealothir Ahrenholz
8. November 2010 • Kommentare: 5

Langsam führte Ealothir das Glas mit Isenwein an die Lippen, um sich einen kleinen Schluck zu gönnen. Sein Blick wich dabei jedoch nicht von Sveawyns Gesicht, welches im Schein des Kaminfeuers eine rötlichere Färbung als gewohnt angenommen hatte.
Gewiss, hätte es mehr Auswahl gegeben, hätte er sie an einen schöneren Ort als dieses Gasthaus eingeladen. Immerhin hatten sie einen Raum erhalten und mussten sich nicht mit dem Volk im Schankraum auseinander setzen.
Sveawyn indes trug ihr Lächeln offen zur Schau. Das selbe Lächeln, welches sein Herz schon in Dol’Amroth in Hochstimmung versetzt hatte.
Dol’Amroth! Wie fern in seine Heimat nun schien und wie unwirklich. Banal nahezu, angesichts dieser einfachen Stallmagd aus Rohan, hier vor ihm.
„Das Kleid steht dir ausgezeichnet. Ich nehme an, du hast es mit Leotiel gekauft?“
Sveawyn nickte, kurz schien es, als würde sie noch mehr strahlen, als ohnehin schon.
„Ja. Auch wenn es schwierig ist, Zeit zu finden. Ich muss mich ja immer um die Stallung kümmern.“
Ealothir nickte. Er hatte Sveawyn schon oft im Umgang mit diesen Tieren beobachten dürften. Es schien, als würde eine Hand aus einer anderen Welt sie führen, gefühlvoller und mit mehr Gespür, als eine bloße menschliche Hand dazu in der Lage wäre.
„Ja, deine Aufgabe als Stallmagd scheint dir einiges abzuverlangene.“
Sveawyn jedoch machte eine wegwischende Handbewegung.
„Achwas, ich machs ja gerne. Könnt‘ mir keine bessere Aufgabe vorstellen.“
Als Ealothir diese Worte vernahm, schlich sich eine gewisse Wehmut in seinen Blick. Und er antwortete:„Glücklich sollten sich alle Jene schätzen, die ihrer Bestimmung nachkommen können, oder denen eine Aufgabe zuteil wurde, die ihnen Freude bringt.“
Bei diesen Worten begannen die Gedanken des Mannes abzuschweifen, zurück zu einem vor langer Zeit vergangenen Zeitpunkt.

Ungestühm hieb der schwarzhaarige Knabe mit seinem Holzschwert durch die Luft. Er befand sich in einem hübsch anzusehenden Garten. Ganz in der Nähe plätscherte ein Springbrunnen und die warme Vormittagssonne tauchte das satte Grün in der Wiese in freundliches Licht.
Der Junge selbst war kaum älter als zehn Jahre und er trug die feine Kleidung eines Nachkommen von hohem, oder zumindest reichen, Stand.
Immer wieder lies er die Holzklinge durch imaginäre Feinde saußen, drehte sich dabei um die eigene Achse und schleuderte wahlweise seinen blutrünstigen Fantasiefeinden Drohungen zu, oder gab Anweisungen an „sein“ Regiment.
So sehr war er in sein Spiel vertieft, dass er die Gestalt am Rande der Tore nicht bemerkte, welche nun langsamen Schrittes auf ihn zukam.
Ein stolzer Mann, groß gewachsen, rabenschwarzes Haar und die Augen grau und stechend. Missmut funkelte in ihnen. Bei dem Knaben angekommen hob er die Stimme und es war, als würde Donnergrollen die Frühlingsluft durchfahren.
„Solltest du nicht bei deinen Lehrern sein, Ealothir, anstatt deine Zeit mit unnützen Spielen zu verschwenden?“
Beinahe lies der Junge die Holzwaffe fallen, ehe er sich besann: Ein Soldat trennte sich nie von seiner Waffen.
„Vater! Verzeiht ich… Ich war am üben und habe die Zeit vergessen.“
Das rote Blut schoss ihm ins Gesicht und er senkte unwillkürlich den Blick.
„Üben? Du hast gespielt und einem aberwitzigen Wunsch nachgehangen. Geh nun zu deinen Lehrern. Ich hege immer noch die Hoffnung, dass sie aus dir einen vorzeigbaren Sohn machen. Doch vorher gib mir dieses lächerliche Holzschwert. Ich will nicht, dass du deine Zeit mit solchen Dingen vergeudest.“
Fest umklammert hiel Ealothir den Holzgriff, ehe ein kaum vernehmbares „Nein…“ über seine Lippen glitt.
„Nein? Du wagst es, mir Widerworte zu geben? Schön. So sei es! Geh nun, wasch dich und kehre dann zu deinem Unterricht. Ich werde mir eine angemessene Strafe für dein bockiges Verhalten einfallen lassen. Ich werde dich noch lehren, was diese Familie stark und mächtig gemacht hat. Und das war gewiss nicht das Schwert.“
Ealothir schluckte schwer.
„Wie Ihr wünscht, Vater.“
Mit diesen Worte dreht er sich um und machte sich auf zu seinen Gemächern, um den Anweisungen seines Vaters Folge zu leisten. Tränen standen ihm in den Augen und er konnte nicht verhindern, dass sie seine Wangen hinabliefen, wie flüssige Zeichen des Schwäche.
Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und eine helle Stimme hinter ihm.
„Ealothir?“
Als er sich umdrehte begann er trotz seines Kummers sacht zu lächeln. Vor ihm stand ein Mädchen, vielleicht zwei oder drei Jahre älter als er und ihr dunkles Haar fiel ihr glatt über die Schultern, als sie ihr Taschentuch nahm und ihm die Tränen vom Gesicht wischte. Noch immer hielt er sein Schwert umklammert. Sie lächelte ebenfalls.
„Soldaten weinen nicht.“

„Ealothir?“
Aus seinen Gedanken gerissen blickte Ealothir zu Sveawyn auf. Sie lächelte, als sie ahnte, dass er gerade ganz woanders gewesen war.
„Verzeih mir, ich war in Gedanken.“
Und mit diesen Worten nahmen sie ihr Gespräch wieder auf…

  1. Giselher Aldorn sagt:

    Vorsicht, sonst rekrutiert Dich Hauptmann Valdoran weg 😉

  2. Heridan sagt:

    Pah, der hat doch schon bei der Armenspeisung nichts rekrutiert 😀

  3. Ardeyn sagt:

    Aus Heridan. Böses Foul. *tret*

    Interessant. Der Sveanapper wollte Soldat werden. *g*

  4. Fintharion sagt:

    Mhm. Wirklich nur Wollte? Vielleicht wurde er es ja. 😛

  5. Ardeyn sagt:

    Sein oder nicht Sein – das ist hier die Fr.. halt. Falsches Stück.

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