Pride & Prejudice

Aglarnaith Thalabann
18. November 2011 • Kommentare: 4

Es gleicht einem Gang hin zum Schafott.

Begleitet von zwei Zofen ist Aglarnaith von Stille umgeben. Stille die nur durch aufkommendes und lautes Gelächter gebrochen wird. Eine der beiden Frauen öffnet zur Rechten eine Türe und sie schreiten hindurch. Das Herz der Gräfin schlägt dumpf als sie das schwere Holzbett sieht, welches den Raum dominiert.

Ihr fällt nicht auf, dass sonst alles nach ihrem Geschmack eingerichtet ist.

Beide Zofen beginnen damit den Raum in ein warmes Licht zu tauchen, Kerzen zu entzünden und Holz nachzulegen, der Kamin soll noch etwas länger brennen. Trotz der Wärme fühlt sich das Mädchen in Kälte gehüllt, die Sehnsucht nach der Familie, nach ihrer Mutter, ist immens. Eine der Zofen beginnt ihr dunkles Haar zu kämmen, die andere schlägt die Decken im Bett zurück. Erst als Schritte zu hören sind, tauschen sie Blicke aus und die Zofen beeilen sich damit, Aglarnaith alleine zu lassen. Jeder kommende Schritt lässt ihre Beine schwerer werden.

 

Als der Graf in Begleitung seines Kammerdieners erscheint, knickst die junge Gräfin und neigt Blick und Kopf im selben Moment. Es entgeht den beiden Männern das sie am liebsten Schreien würde. Schreien vor Zorn, vor Wut und vor Verzweiflung. Sie fühlt sich nicht ausreichend vorbereitet, möchte weglaufen und erinnert sich doch an die Worte ihrer Mutter.

Mit Hilfe des Grafen richtet sich das Mädchen auf, die eisigen Finger irritieren den Mann nicht, der weit das Alter ihres eigenen Vaters hat. Ihr Entsetzen und der Protest werden von einem einfachen ‚Shhh’ erstickt, er entkleidet sie obwohl sein Diener anwesend ist.

Diese eine Nacht hat Aglarnaith mehr geprägt, als vieles davor und noch mehr danach.

Der Graf hat ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen und es entstand bald schon so etwas wie eine väterliche Zuneigung. Aglarnaith, erst forsch und abweisend, hat mit den Monaten und Jahren ihrer Ehe gelernt. Immer wieder sind die Worte ihrer Mutter präsent gewesen und haben sie noch weit über die eigentliche Erziehung hinaus geprägt.

 

„Aglarnaith – du bist keine Bauerstochter.

Du gehörst zu einer einflussreichen Familie und wirst in eine ebenfalls geltende Familie einheiraten.  Dies bedeutet natürlich das dir Privilegien zu teil werden, aber zu gleichem Maße und vielleicht noch weit darüber hinaus Pflichten entstehen. Es ist eine Bürde die wir mit Stolz und Willen zu tragen haben, das ‚einfache’ Volk könnte dies nicht. Und du meine Tochter, trägst sie wie deine Mutter, deine Großmutter und Urgroßmutter zuvor.

Aglarnaith – du wirst mich nicht enttäuschen, das weiß ich.“

Die Demütigung als Unfruchtbar verschrien zu sein hat sie getragen und nur in stillen einsamen Nächten geweint. Er, der Graf und Ehemann, wusste dennoch darum und hat sie mit Geschenken aus den weitesten Ländern belohnt. Am Hofe ließ er keinen Zweifel daran, dass er die Gräfin trotz des Makels auf Händen trägt und achtet. Der Preis ihres Schweigens nahm mit jedem Ehejahr zu, das sie mit ihm verbrachte. Aglarnaith blieb nicht untätig, sie begann die höfischen Gegebenheiten als Abwechslung zu betrachten und hat wie schon ihre Mutter, die Zügel fest in der Hand gehalten.

  1. Sethur sagt:

    Dieser Kammerdiener, tsis, Personal heutzutage hat einfach keine Zurueckhaltung mehr. *Kopf ueber den Kollegen schuettel* 😉

  2. Mellagaron sagt:

    War eben nicht böse gemeint, gut geschrieben und gut, dass Mella das nicht weiss, der wäre verstört. 🙂

  3. Rogonn Kupferberg sagt:

    Ja, schön geschrieben! So traurig!

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