Gestern hielt Ardeyn wie versprochen die Waffenübung ab. Ich muß noch mit ihm reden. Es war keine gute Idee mich öffentlich kämpfen zu lassen. Selbst wenn ich in besserer Verfassung gewesen wäre, ich würde nie zulassen, daß jemand erfährt ob ich wirklich mit dem Schwert umzugehen weiß oder nicht. Alte Strategie. Laß dich unterschätzen. Laß dich stet unterschätzen. Die Zunft tat es, damals. Es klingt wie ein damals. Und jetzt bröckelt und bricht alles. Wirklich nur, weil ich es nicht länger mit mir vereinbaren konnte zu bleiben? Und wenn – was sagt das über jene Männer und Frauen aus? Was sagt es über mich aus?
In jedem Fall hat sich Ardeyn alle Mühe gegeben ein gutes Bild von uns abzuliefern. Er ersparte den Gästen sogar seinen Vortrag darüber, daß im Kampf jedes Mittel erlaubt wäre. Es hätte den falschen Eindruck erweckt. Hätte man dann noch das Brandmal gefunden… Ein Aufstand wäre uns sicher gewesen. Immerhin hat es bisher keinen neuen Ärger wegen dieses Mals gegeben. Zwar fand ich Liniath gestern in Bedrängnis, jedoch scheint eine Elbe mit Namen Andarial bereits alles getan zu haben um ihr den Hals zu retten.
Natürlich kommt alles zu einem Preis. Der ihre war ich solle mich eines Freundes ihrerseits annehmen. Kashin der Name. Auch dieser kein Unbekannter. Wie ich allerdings erführ inzwischen ein Schüler meines Waffenmeisters. Es gilt Brücken zu bauen. Noch vor kurzer Zeit versuchte ich ihm klarzumachen, daß er, so er sich seiner verzweifelten Liebe hingibt, nichts zu erwarten hat, außer dem Tod. Ich hoffe er hat begriffen. In jedem Fall werden wir ihn nach Kräften schützen. Dafür gibt es den Eid. Dafür gibt es diesen Eid.
Durch die Waffenübung hatte ich auch Gelegenheit Pfahlster und seine Männer – nun, in diesem Fall ihn und seine Frauen zu inspizieren. Der Himmel weiß, was die Mädchen nun denken mögen. Aber bisher hat er mit seinem Trupp gute Arbeit geleistet. Und soweit es einem Söldner möglich ist, versucht er sich über jeden Zweifel an seiner Loyalität erhaben zu geben. Ob einem Söldner zu trauen ist? Vielleicht. Es gilt den ersten Schritt zu tun. Außerdem war noch ein Söldner von Interesse zugegen: Lazim, welchen ich wohl aus den Zeiten bei Merouns Klingen kenne. Er reagierte nicht auf mich. Konnte nicht. Für ihn bin ich nach wie vor ein toter Mann. Es war gut, daß er mich verlieren sah. Soll er einen Toten unterschätzen. Gerade er. Der Tote ist ein Verräter. Erst, wnen die Zeit abläuft, erst dann kann er vielleicht sehen…
Es dauerte nicht lang bis mich ihr Schatten wieder einholte. Es wird immer schwieriger sich zu kontrollieren. Schwieriger Geduld zu zeigen. Und am Ende war es ausgerechnet Lysawyn, welche ihr Bestes gab mir Trost zu spenden. Armes Ding. Ich hätte mich nicht so gehen lassen dürfen… Schon gar nicht vor ihr. Dabei hat sie so gute Arbeit geleistet. Sogar Kontakte geschmiedet in Zeiten, in denen sie sich hätte eigentlich erholen sollen. Es kamen viele. Und die meisten folgten lediglich ihrem Ruf. Sie erinnert kaum noch an das unerfahrene Mädchen von vor wenigen Monaten. Ist sie wirklich so schnell gewachsen? Wo waren meine Augen?
Dabei weiß ich das doch so genau. Und gestern Nacht sah ich sie wieder, in Bree. In Begleitung des Mannes ohne Namen, welchem ich am Nachmittag noch im Duell unterlag. Reowin also. Nennt sich Tagelöhner. Fjord wäre wohl stolz auf ihn gewesen.
Aber sie… Immernoch hegt sie keine Zweifel. Stellt nicht in Frage. Sogar den treuen Aldorn sieht sie nun als Verräter an der großen Sache ihres Gatten. Ich wünschte es wäre mir gegeben ihr die Augen zu öffnen. Aber langsam fürchte ich, daß nichts was ich sage dazu in der Lage ist. Es mag sein, daß ich ihr Herz nicht verloren habe. Jedoch hat dies kaum Nutzen, wenn der Rest ihres Seins sich in den Untergang stürzt und ihr Herz daher mit ihr stirbt.
Ich höre förmlich Alrichs Worte: Was ist aus dir geworden, Junge? Wo ist mein Stolz hin. Die Baroness hat Recht. Ich brauche einen Mantel. Eine starke Rüstung. Es gilt zu lernen zu jedem Zeitpunkt Fürst zu sein. Früher konnte ich das. Es wird Zeit wieder so zu sein. Perro, Burro, Buchbinder, Bluthund und wie sie alle heißen mögen müssen zurückbleiben. Für euch ist hier kein Platz mehr, alte Kameraden.