Narben

Iyrawen
26. März 2008 • Kommentare: 0

Ich erkenne mich kaum wieder. Bin ich das, diese ewig beherrschte, gütig lächelnde Person? Die nickend über Unfreundlichkeiten hinweg sieht, geduldig nach dem Befinden fragt, die all die vielen kleinen ersten Schritte macht, die in einem Haushalt der weiten Wege wohl nötig sind?

Die Flamme schläft.

Im Halbdunkel des Schluchter Gasthauses traf ich auf Rodgar, die Schwerthand, den Problemlöser. Und auf Jesabel, seine Schwester im Geiste, das Mündel des Fürsten. Nicht ein einziges Mal während unseres kurzen Gesprächs gelang ihr ein Lächeln, ich schien ihr wohl herzlich unsympathisch. Aber seit wann wäre das eine Kategorie, die mich interessierte.

Umso erstaunter war ich über das Vertrauen, das Rodgar mir schenkte, auch wenn er seine Augen stets im Schatten seiner Kapuze verbarg. Das Drachenmal, die Prophezeiung, der Verlust eines Freundes. Und jene Kälte im Innern, die kein Wort vertreiben kann. Ich war versucht, für einen kurzen Moment versucht, ihn die Spuren jener Flammennacht sehen zu lassen, die mein Leben prägen. Mein Fluch und mein Segen. Doch Jesabel trat hinzu, und das rettete mich.  

Ob es Mittel und Wege gäbe, einen Toten wieder ins Leben zu rufen, fragte er. Ich sprach leichthin, von staubigen Archiven und alten Geschichten. Was hätte ich auch sagen sollen. Dass diese grünen Augen mehr sahen, als je gut für sie sein wird?

Und dann Sanguisa. Erneut fragte er mich nach ihr, wollte alle Details meiner einen kurzen Begegnung mit ihr wissen. Es schien ihm wichtig zu sein. Doch das, was er hören wollte, konnte ich ihm nicht sagen. Es wäre eine Lüge gewesen. Und die Stadt der Nebel ist schon so voll davon. 

Andererseits – seit wann wäre das eine Kategorie, die mich interessierte.

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