Regen

Iyrawen
16. April 2008 • Kommentare: 0

Der Regen weckt mich. Er prasselt auf mich ein in abertausend kalten Tropfen.

Ich liege im Schlamm, unter mir bildet sich eine Pfütze. Nass und schwer klebt die raue Kutte an meiner Haut. Meine Haare liegen in Strähnen über meinem Gesicht wie ein fein gewebtes Fischernetz, wie ein Geflecht rotschimmernder Algen aus den Tiefen des Meeres. Langsam öffne ich die Augen, um mich herum nur das diffuse Dämmerlicht des tiefen Waldes. Ist es bald Nacht? Schon wieder Tag? Ich vermag es nicht zu sagen. Ich starre in das Blätterdach über mir, lasse die Regentropfen meine Wangen hinunter rinnen. Ich spüre sie kaum, alles ist so kalt. Ich kann mich nicht bewegen, vielleicht will ich es nicht einmal.

Der Boden in meiner Nähe wirkt verbrannt, schwarze Schmauchspuren bedecken das fahle Grün, aber vielleicht waren sie auch schon vorher da. Der einsame Baum sieht verdorrt aus. Kahl ragen seine dürren Äste in die luftige Höhe, verkohlten Knochenfingern gleich. Ich horche in mich hinein, doch da ist nur säuselnde Ruhe, flüsternde Stille und lockende Müdigkeit. Selbst die Narbe pocht nicht mehr, jedenfalls nicht im Moment. Es scheint also überstanden, fürs erste, wieder einmal. Irgendwann werde ich mich wirklich stellen, das Feuer endgültig löschen müssen, bevor es mich auslöscht. Aber nicht heute, nicht jetzt und nicht hier. Ich bin so müde.

Ich schließe die Augen. Ich lausche dem Regen.

Ich kann endlich schlafen.

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