Es kam völlig anders als ich es erwartet habe. Es war nötig die Geschichte zu enthüllen. Ich hätte nicht erwarten können, daß sie einem Mann in den Krieg folgen, den sie nicht wirklich kennen. Es war ihre Entscheidung. Und jeder entschied sich. So schreibe ich nun von jenen, die zugegen waren.
Eine der Gäste, welche wohl am unvermutetsten für die ganze Sippe waren, war Seijira. Sie war zugegen, lauschte den Worten als Gast. Eigentlich war es mehr ein Test. Ich wollte ihre Reaktion sehen. Leider konnte ich sie in der Menge nicht wirklich gut erkennen. Aber es wird andere Gelegenheiten geben, da bin ich mir sicher. Und zumindest blieben überraschte Aufschreie und dergleichen gänzlich aus.
Was Ellena angeht, sie hatte eine undankbare Aufgabe an diesem Abend. Einerseits mich zu beruhigen, andererseits wurde später noch ein Gespräch mit Diplomatin Vardielle nötig. Ellena hat viel Rückgrat bewiesen. Ich frage mich, ob der Rest das erkannte. Sie ist ein guter Seneschall. Und blaublütiger, als ich es je sein werde, gekaufter Titel hin oder her. Ihr liegt es wirklich im Blut. Mein Bruder ist zu beneiden um eine Frau wie sie. Fast zur Gänze, sieht man von meinem Wind ab.
Zu meiner Überraschung hatte es auch Dronin Eichenfaust zum Treffen geschafft. Ich hatte ihn schon fast verschollen geglaubt. Aber er zeigte ein weiteres Mal die ungebrochene Loyalität seines Volkes und bereitet ihm große Ehre. Gut, sieht man von der kleinen Handgreiflichkeit der Diplomatin gegenüber ab. Ich hatte inzwischen Gelegenheit ihn von Lynnes Zustand in Kenntnis zu setzen. Als alter Freund von ihr macht er sich sicherlich große Sorgen um ihr Wohlergehen. Zugegeben war es etwas umständlich ihm begreiflich zu machen, was Sache ist. Am Ende schien er aber auf seltsame Weise sehr erfreut darüber. Ich sollte mit Lynne sprechen. Vielleicht wünscht sie ihn zum Paten.
Rodgar war zugegen. Ohne Sanguisa. Weder sie, noch Charls habe ich gesehen. Jedenfalls schien Rodgar nicht im Geringsten überrascht von der Offenbarung des Abends. Er kam später noch zum Einsatz. Wie ich höre hat die Diplomatin dank seiner Mühen nicht überlebt. Dieses eine Mal bedaure ich es nicht im Geringsten. Der Mann ist eine gefährliche Waffe – und wird es immer bleiben. Wie ich glaube jedoch ebenfalls eine loyale.
Es hat mich auch fast überrascht, daß Leiard und seine Tochter Chaleuwyn kaum reagierten. Oder zumindest keine Vorwürfe machten. Sie beide schienen es mit stoischer Ruhe hinzunehmen, suchten sogar mich zu verteidigen, nachdem Kashin ein wenig – handfester vorging. Es überrascht mich. Die beiden sehe ich kaum. Es ist mir demzufolge ein Rätsel, wie ich ihre Loyalität so schnell gewinnen konnte. Oder sie achten einfach nur den Eid sehr. In jedem Fall bin ich ihnen beiden dankbar dafür. Auch, wenn sie es wohl nie wirklich wissen werden.
Handfester in der Tat. Meine Worte waren kaum gesprochen war Kashin der Erste, der vor trat. Der Erste, der reagierte. Und ich kann sagen: Sein Kinnhaken hätte jeden Esel neidisch gemacht. Es ist fast dankenswert, daß ich wegen Atrié nicht mehr lange etwas davon spürte. Dennoch erneuerte er danach sein Wort. Auch er folgt weiterhin. Das war der Kinnhaken vermutlich wert. Bleibt zu danken, daß seine Frau Iverin zwar seinem Beispiel folgte, dies aber tat ohne ebenfalls Kinnhaken zu verteilen. Auch sie beugte abermals das Knie. Auch sie bleibt treu. Sehr erleichternd. Zumindest diese Ehe hat damit eine faire Chance erhalten zu bleiben.
Ähnlich wie Dronin es tat machte auch Njordorin seinem Volk alle Ehre. Zumindest von dem, was ich mitbekam. Ich glaube auf dem eigentlichen Treffen habe ich ihn gar nicht gesehen. Aber ich erinnere mich an seine Stimme, als ich später im Arbeitszimmer lag. Der Hauptmann hat ihn inzwischen als meine Leibwache eingeteilt, im Ersatz für Lynne. Er wird seine Arbeit gut machen, daran hege ich nicht den geringsten Zweifel. Eine treue Seele, der Mann. Und weiser, als man es einem Zwergen zutrauen würde.
Besagter Hauptmann, Elmion Cardaan, ließ keinen Zweifel daran, daß er nicht im Geringsten vor habe etwas an seinem Status zu ändern. Auch er bleibt unerschüttert treu. Sein Verhalten hat sich nicht im Geringsten geändert. Er war es auch, welcher mir diese elende Augenklappe gab und half auch tatsächlich sie zu befestigen. Das Licht von rechts stört, wenn man es nicht mehr als Bild wahrnehmen kann. Außerdem… Nein, dazu später. Cardaan. Wie die meisten sagt auch er, daß er zu keinem Zeitpunkt einem Titel gefolgt ist, sondern stets einem Mann. Es ist schmeichelnd das zu hören, dennoch bringt es mich zum Nachdenken. Haben sie nicht gehört, daß ich sagte, ich log aus keinem geringeren Grund als Machtgier, damals? Man hat mir mehrmals den Vorwurf gemacht ich würde meine Leute verändern. Vielleicht stimmt das. Wenn ja, so hoffe ich doch zum Besseren. Eine Sache ist allerdings unumstößlich: Sie haben mich verändert. Und ich weiß, es ist zum besseren. Der Sohn meines Vaters würde sich keine Gedanken um sie machen. Um niemanden. Mein Vater hätte den Weg hierher nicht gemocht, wäre aber bizarr stolz darauf, daß ein Haushalt hinter mir steht. Dennoch. Alejandro Salas sorgt sich um die seinen. Dafür würde er mich hassen. Ob Cardaan einen ähnlichen Vater hatte?
Sogar der Hobbit Famras, seines Zeichens ja nach wie vor Leibwache der Fürstin Tarona, hält die Treue. Er bat zwar inzwischen aus der Wache versetzt zu werden und Kartographin Iverin bei ihrer Arbeit helfen zu dürfen, jedoch ändert das nichts daran, daß auch dieser Halbling nicht den Hauch von Zweifel aufkommen läßt, daß er nach wie vor zu uns steht. Und wieder bin ich seltsam dankbar und frage mich, wieso eigentlich. Wieso kann er das? Woran glaubt er? Und warum in aller Welt kenne ich sie alle so wenig, daß ich das immernoch nicht verstehe und begreife? Lynne hatte es so kommen sehen. So auch Ellena. Auf eine zynischere Art und Weise hätte es wohl sogar Sethur. Wie kommt es also, daß es alle sehen, nur ich nicht?
Und diese verteufelte Diplomatin dachte tatsächlich, sie könne alles außeinander reißen. Als ich gesprochen hatte, applaudierte sie. Allen war klar, daß es reiner Hohn war, der sie dazu trieb. Sie sprach davon mich meiner Pflichten zu entheben. Der nächste Schritt wäre gewesen, mich nach Gondor vor den Truchseß zu schleifen. Ellena und ich versuchten ihr zu erklären, daß das keine sonderlich weise Idee war. Aber vermutlich ist das gleichgültig – für jemanden, der so oder so nicht mehr lange zu leben hat. Was hätte es ihr schon ausmachen können. Ellena zog sich dann mit ihr zurück und versuchte zu retten, was zu retten war. Vardielle war eine gute Schauspielerin. Zumindest gut genug daß ich Narr genug war ihr auf ein anschließendes Gespräch zu folgen. Lynne begleitete uns ebenfalls. Ich elender Idiot! Jetzt noch schmecke ich das, was man mir später als Atrié vorstellte. Iyrawen sagt, es handle sich hierbei um ein sehr starkes Nervengift. Es ist einzig dem schnellen Handeln der andere – und eben der Medica – zu verdanken, daß Vardielles Androhung sie würde mich mit auf die andere Seite nehmen nicht wahr geworden ist. Rodgar bereitete ihr ein Ende, wie ich höre. Sie hat mich nicht mitgenommen. Zumindest nicht in jener Nacht. Aber die Medica ist besorgt. Es besteht die Möglichkeit, daß ich mit diesem Schattenpilz infiziert wurde. Wäre das der Fall, würde auch meine Zeit jetzt sehr schnell ablaufen…
So sprach ich also gestern mit Lluvia. Er nannte es mutig über meine Vergangenheit zu sprechen. Ich nenne es notwendig. Aber es ist getan. Wichtiger ist, ich sprach mit ihm über die Krankheit. Sollte sie wirklich ausbrechen oder mir überhaupt etwas zustoßen, so bat ich ihn meinem Wind treuer Regen zu sein, sollte ich irgendwann nicht mehr brennen können. Er stimmte zu. Lynne selbst möchte ich mit diesen Gedanken nicht belasten. Schlimm genug daß sie zugegen war als ich ob des Giftes zusammenbrach.
Wenn ich an das Arbeitszimmer zurückdenke, bilde ich mir ein auch immer wieder den Saum von Myneryas Kleid gesehen zu haben. Definitiv habe ich ihre Stimme gehört. Der Klang war… beunruhigt. Ich kann mich nicht genau erinnern wie sich alles anfühlte. Aber wie immer ich ausgesehen haben mag, es muß schlimm genug gewesen zu sein um die Zofe bis ins Mark zu erschrecken. Auch ihr wäre dieser Anblick wohl besser erspart gewesen. Es ist nicht gut wenn ein Haushalt den Herrn schwach sieht. Derart schwach. Inzwischen konnte sie überredet werden Lynne einen ordentlichen Knicks zu zeigen. Schon seltsam, bei zwei Frauen, die beide zu schüchtern wirken irgendjemanden anzusprechen. Najisa hätte ich noch dazu laden sollen, dann wäre die Katastrophe wohl perfekt gewesen. Ich gestehe, es war amüsant ihnen zuzusehen. Aber das Ergebnis war durchaus zufriedenstellend. Bleibt die Frage, ob die Zofe jemals mit sich zufrieden ist. Ich glaube fast, sie hat stets Angst alles falsch zu machen. Dabei redet Ellena in den höchsten Tönen von ihr.
An irgendeiner Stelle hörte ich auch Draganta. Angeblich hat er Iyrawen in den alten Wald begleitet. Aber an ihn kann ich mich kaum erinnern. Auf dem Treffen selbst jedenfalls war er nicht zugegen.
Die Medica… Auch sie habe ich noch nie so in Sorge gesehen. Dabei wäre ich heute nicht mehr am Leben, hätte sie nicht so schnell und gut reagiert. Sie sah sich gestern mein Auge an. Daß ich nichts mehr sehe, rechts, sagt sie, ist eine Nachwirkung von Atrié. Sie wird versuchen sie rückgängig zu machen, aber die Chancen stehen nicht gut. Das Weiß der Pupille scheint ihr einen gehörigen Schreck eingejagd zu haben. Auch fehlt ihr wohl ein wenig das Verständnis dafür, wieso ich sagen kann es wäre, im Vergleich, ein geringer Verlust. Das alles jedoch tritt in den Hintergrund, denn sie will sich nun in die Studie um den Pilz vertiefen. Jedes Detail wäre wichtig. Jede Veränderung solle ich ihr sofort mitteilen. Und dann ist da noch dieses gräßliche Zeug, was ich vorerst täglich trinken soll. Wenn mich Atrié nicht umgebracht hat, vielleicht schafft es ja doch noch diese ekelhafte Brühe. Es ist wohl zu meinem Besten. Aber Himmel, wenn das die Strafe der Valar für meine Anmaßung von damals war ist es ein wirklich sehr hoher Preis. Ich bedaure meinen Magen zutiefst. Iyrawen ebenfalls.
Der gute Furbor war auf dem Treffen zugegen. Seine Reaktion war eigentlich wohl einfach nur ruhig zu bleiben. Aber ich sah ihn gestern. Der Art und Weise nach zu urteilen, wie er mit mir umging scheint auch ihn diese Enthüllung kaum erschüttert zu haben. Er bleibt bei seinen Pflichten. Redete irgendwas von der Stadtwache. Ich überlasse es Ellena und Elmion das Problem aus der Welt zu schaffen. Wie ich den derzeitigen Befehlen entnehme kümmern sich die beiden bereits hervorragend darum. Und Furbor sticht als äußerst arbeitswillige Wache heraus.
Auch seine Frau hält es sehr ähnlich. Die Berichte von Mewen liegen regelmäßig auf meinem Schreibtisch. Soweit ich die Sache beurteilen kann macht sie ihre Arbeit sehr gut. Ich sollte mich dennoch bald mit ihr treffen. An den letzten Bericht fügte sie eine Notiz betreffs des Treffens an. Äußerst beruhigende Worte, deren Wert ich kaum zu Papier bringen kann. Erschreckend wie wichtig mir die Meinung dieser Frau ist. Wohl weil ich sie für einen der cleversten Köpfe innerhalb des Haushaltes halte, ungeachtet ihrer Position. Ich sollte mir nicht zu lange Zeit lassen dieses Gespräch zu führen.
Alle haben gehört. Alle haben genickt. Nur einer nicht. Und bei dem hätte ich es wohl durchaus vorhersehen können. Wissen müssen. Sethur fühlt sich verraten und verkauft, einer Lüge wegen, die entstand und längst Geschichte war, noch bevor er zu uns kam. Dennoch verstehe ich seine Enttäuschung. Es obliegt nunmehr mir zu sehen, ob es möglich ist ihm seine… soll ich es Hoffnung nennen? Zurückzugeben. So ich denn kann. Mein gestriger Versuch schlug fehl. Aber ich habe einen anderen Plan gefaßt für das nächste Treffen.
Soweit man das behaupten kann bin ich inzwischen wohl genesen. Atrié jedenfalls hat zwar Schaden angerichtet, wird aber keinen weiteren anrichten. Ich habe überlebt, bin inzwischen wieder gewohnt stark auf den Beinen. Der Preis, der zu zahlen war, ist also das Augenlicht des rechten Auges. Ein geringer Preis, im Vergleich. Denn nach wie vor werde ich Lynne in den Armen halten können, werde mit ihr spazieren und reiten gehen können, werde Lluvias unpassende Witze hören – und wichtiger noch, ich werde unser Kind sehen. Zwar nun mit anderen Augen, aber immerhin. Ein relativ glimpflicher Ausgang. Ich wünschte die Anderen könnten das ähnlich positiv sehen. Aber vielleicht bin ich inzwischen auch einfach nur verrückt geworden, habe es nur schlicht noch nicht bemerkt.
Und Lynne? Meine geliebte Rose… Mein Wind… Meine Rettung… Man hat sie inzwischen vom Dienst in der Wache freigestellt, der Schwangerschaft wegen. Ellena besteht darauf, sie Milady zu nennen. Auch Cardaan hat diese Angewohnheit anscheinend aufgenommen. Wohl nicht ganz zu Unrecht, auch wenn wir noch nicht verheiratet sind. Nicht vor ihren Augen. Nicht offiziell. Jedenfalls wird Lynne für die nötigen Zeremonien lernen müssen, wie man sich in einem Kleid bewegt. Wie man einen Knicks macht, wie man in so einem Kleid tanzt. Aber nicht die schnellen, ungestümen Tänze des Volkes. Sondern die alten Schreittänze mit Traidition. Es muß ein wahrer Spießrutenlauf für sie sein. Sie wirkt so unglaublich unsicher. Warum sie das alles dennoch auf sich nimmt, vermag ich nicht zu sagen. Aber ich danke ihr dafür. Und mit der Hilfe der Anderen wird sie das alles mit Leichtigkeit meistern. Es fällt mir immernoch schwer zu beschreiben, auf welche Art sie wundervoll für mich ist. Auf welche Arten. Sanguisa schrieb ich ein Gedicht darüber, jedoch schaffe ich es auch darin nicht alles zum Ausdruck zu bringen. Die demagogische Wortgewandtheit welche mir Sethur vorwirft scheint mich in Liebesangelegenheiten nur all zu schnell zu verlassen. Lynne hat bessere Worte verdient als meine schäbigen Beteuerungen. Seltsamerweise sind sie ihr dennoch genug.
Auch das hat mich am Sonntag Abend auf dem kalten Steinboden lächeln lassen.
ui -Langer und toller Blog 🙂 .. .laaaaaaaaanger Blog 😀
Sehr sehr sehr sehr sehr schön.:D
Eure blogs werden ja immer länger! 😀 Aber… auch besser? Nö. Die waren schon vorher toll *g*
….. Wow….. *schluckt*
mwahaha!! Schattenpilz strikes back!
*Stahlnetz-Theme einspiel*
Oh, das ist ja mal wirklich umfassend 🙂 Und alles gesagt und angedeutet, was gesagt sein muss 😀