Intensivpflege

Heridan Flusswieser
30. August 2009 • Kommentare: 1

Bram Eschenblatt horchte auf. Der alte Bannwart saß oft bis weit nach Mitternacht vor der Verlassenen Herberge. Er runzelte die Stirn. Da war es wieder. Dieses… Flüstern

Eine Stimme lag in der Luft.  Er hatte sie eben schon einmal geglaubt zu hören. Der Wind wehte aus West-Südwestlicher Richtung.  Eschenblatt richtete sich auf, blinzelte. In der Ferne glaubte er, eine Laterne sehen zu können, eine kleine Sturmlaterne.

„Erdbeeren! Ich geb ihr gleich Erdbeeren!“

Auch die Stechmücke sah die Laterne. Und sie sah interessant aus. Angezogen vom Licht flog das kleine Insekt fort von der Herberge, Richtung Westen.

„Wie kann man nur so stur sein, ohne adlig zu sein?“ 

Hätte ihre Faszination nicht der Laterne gegolten, hätte sie den Mann bemerkt, der mit groben Schlägen eine Pflanze mit einem Messer zerstückelte und dabei schrie „Gib-mir-dei-ne-Scheiß-Wur-zel!“. Ausserdem wäre sie dann nicht an der durch die Flamme heißen Scheibe der Laterne verendet. Dem Mann in Grün war das freilich egal. Er kam erst annähernd zur Ruhe, als viele kleine Stücke, die einst ein Ginsterbusch waren, vor ihm lagen. Doch dann trafen ihn drei Gedanken mit der Punktgenauigkeit eines Dorns.

Der Erste war: „Heridan, beruhig dich. Es hilft niemandem wenn du hier so rumschreist. Sie wird irgendwann einsehen, dass du ihr nur helfen willst.“

Der Zweite war: „Warum hast du den Ginster zerlegt? Du brauchtest doch Wacholderwurzeln.“

Der Dritte war: „Du hast einen Dorn in der Hand stecken.“

Heridan zog den Dorn heraus, atmete tief durch. „Warum ist das passiert? Warum bin ich so ausgerastet? Es ist ja nicht so, dass ich nie mit Patienten zu tun hätte, die nicht unbedingt kooperativ sind. Warum gerade jetzt?“ So sprach er leise zu sich selbst.
Irgendwie überraschte es ihn, eine Antwort zu bekommen. „Nun, es ist einfach: Weil sie dich an jeden von ihnen erinnert hat. An jedes verzogene Balg, welches den Geschmack der Medizin über die eigene Gesundheit stellt. An jede uneinsichtige Plage, die nicht bemerkt, wie sie den anderen das Leben schwermacht. Sie war alle diese Leute. Auf einmal. Gibs zu, du hattest gehofft, wenn du erstmal bei Minas Faer tätig bist, würden die Leute dir vertrauen, deine Ratschläge auch dann befolgen, wenn du nicht hinter ihnen stehst.“ – „J- Ja, schon. Aber… das hat nichts mit meiner Arbeit zu tun. Ich darf das da nicht reinnehmen.“ – „Ach, wie süß, da kommt der kleine Idealist wieder durch. Ich sag dir mal was, im Vertrauen: Du denkst immer an deinen Beruf, das ist nicht gut. Es bereitet dir Kopfzerbrechen, dass du Hathron nicht helfen durftest. Es besorgt dich jedesmal, wenn du nach Bree gehst, dass etwas passieren könnte während du weg bist. Das ist nicht gesund. Du musst dir auch mal Zeit für dich nehmen.“ – „Aber… ein Heiler ist im Dienst. Immer, wenn ein Patient ihn braucht.“ – „Ja, aber manchmal bist eben auch du der Patient. Du brauchst dich. Nicht deinen Beruf. Wann hast du das letzte mal irgendwas gemacht, ohne, dass es mit deinem verdammten Beruf zu tun hatte oder an etwas zu denken, was damit zu tun hatte?“ – „…“ – „Siehst du! Jetzt mach dich ans Werk, mach Taraja gesund. Und dann kurier dich selbst.“

  1. Cinlir Winthallan sagt:

    Genau… Trink einen Tee, beruhige dich… 🙂

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