Laerien schaffte es gerade noch die Tür hinter sich nicht zuknallen zu lassen
, zum ersten untersagte ihre Höflichkeit ihr dies und zum zweiten konnte die Einäugige Wache die sie hier her gebracht hatte auch nichts für ihre schlechte Laune. Obwohl jener zum Schluss auch noch etwas von sich gegeben hatte was ihr missfallen hatte. „Wenn der Fürst das so gesagt hat, solltet ihr das beherzigen Herrin“ äffte sie ihn leise nach als sie sich auf den Weg in das kleine Zimmer machte, dort hatte sie gestern einen Tisch und etwas zu schreiben gesehen. Entrüstet schüttelte sie ihren Kopf, so wie heute hatte man sie noch nie behandelt. Im Hause ihres Vaters war ihr stets jeder Wunsch von den Augen abgelesen worden und gleich was sie wollte sie bekam es, gleich wohin sie wollte, sie durfte es. Natürlich stand außer Frage das ihr Vater ihr alles noch auf den schnellsten Wege ermöglichte. Heute war ihr dies wohl zum ersten Male nicht sogleich erfüllt, ja fast schon verweigert worden. Die ganze Zeit über hatte sie noch ein gewisses Maß an Höflichkeit bewahrt, denn sie war sich darüber im Klaren das ihr Vater dies von ihr verlangte. Er hatte wirklich noch nicht viel verlangt von ihr, in den ganzen 18 Sommern die sie nun alt war. Aber sie hatte den Ernst in seinen Augen gesehen, ihn in seiner Stimme gehört.
Sie zog den Stuhl unter dem Tisch hervor und nahm darauf Platz, mit einer Hand schob sie noch schnell einen Stapel Bücher weg. Alles was sie brauchte war in Reichweite, es schien als würde der Fürst selbst, oder seine Frau immer hier sitzen um ihre Briefe zu schreiben auch wenn jene wohl bei weitem nicht mit solch verklärten Gesichtsausdruck an sie Sache heran gingen wie sie in diesen Moment. Sie griff sich eines der Pergamente die fein säuberlich auf einen Stapel am Rand des Tisches lagen und zog sich das Tintenfass heran um es zu öffnen. Letztendlich nahm sie noch die Schreibfeder in die Hand und tunkte die Spitze in die blaue Flüssigkeit innerhalb des Glases. Ihr Kopf neigte sich seitlich und sie schien zu überlegen wie und vor allem wo sie anfangen sollte. Viel zu viel war heute geschehen was die junge Frau, in ihrem Fall besser gesagt, Mädchen beschäftigte. Schließlich senkte sie ihre Hand mit der Feder darin doch noch auf das Papier und begann mit sauberen geschwungenen Buchstaben zu schreiben.
Werter Vater,
erst einmal, ich bin gesund und munter angekommen. Die Reise war lang und anstrengend und als wir bereits fast angekommen waren gab es noch einen unangenehmen Zwischenfall. Aber keine Sorge, es geht mir wirklich gut, Sir Dalthion hat gut dafür gesorgt, so wie du es mir gesagt hast. Fürst Cinlir Winthallan und seine Frau, die deinen Brief im übrigen wohl nicht erhalten haben, hießen mich dennoch herzlich willkommen. Das Haus ist riesig und es befinden sich ganz viele Wachen darin und darum ebenso. Um meine Sicherheit musst du dir also keine Sorgen machen. Allerdings gibt es da etwas was du unbedingt wissen musst.
Laerien hielt kurz inne, es war nun an der Zeit das Chaos in ihren Kopf zu ordnen und sinnig, so das ihr Vater es auch verstand, auf Papier zu bringen, ihr Mundwinkel zuckte von rechts nach links als sie überlegte. Ihre Hand glitt kurz an ihre rechte Schläfe und kratze darüber, sie nickte knapp ehe sie die Hand sinken ließ um weiter zu schreiben, die Feder kratzte laut über das Pergament so verbissen drückte sie jene darauf.
Ich habe dem Fürsten heute erzählt weshalb du mich hier her geschickt hast, auch deine Worte die du an mich gerichtet hast am letzten Abend, hab ich ihm gesagt. Er hat dann gesagt das er versuchen wird sich in meinen und in deinem Interesse entsprechend um mich zu kümmern, so wie du das wolltest. Aber dann hat er weiter gesprochen. Stell dir vor der Fürst hat beschlossen mir einen Mann zu suchen, ich dachte ja anfangs noch er meint das er mitbestimmt bei meiner Wahl, aber Dalthion hat mir dann gesagt das er es wohl so meinte das er allein meinen Zukünftigen aussucht, wie es bei Adeligen eben so ist. Aber davon hast du zu mir nichts gesagt. Wenn das dein Wunsch gewesen wäre hättest du mir das doch gesagt oder? Und später durfte ich noch nicht einmal in die Stadt, obwohl ich die so gerne gesehen hätte. Im Moment darf ich keinen Schritt alleine gehen, das war daheim nicht so und davon hast du mir auch nichts gesagt. Ich soll mich gedulden hat er zu mir gesagt, aber wie lange genau weiß ich nicht. Dabei kann ich es kaum erwarten etwas mehr zu sehen oder mir etwas neues zu kaufen.
Erneut hielt die Gondorin inne, sie las ihre letzten Zeilen noch einmal und blinzelte als ihre blauen Augen sich mit Wasser füllten, nachdem sie ihre Worte ein zweites Mal gelesen hatte wandte sie ihren Blick von dem Geschriebenen ab. Sie brauchte einen Moment um wieder ruhiger zu werden, das wichtigste hatte sie wohl erwähnt, vielleicht noch ein paar nette Zeilen zum Schluss. Sachter als noch zuvor kratzte die Feder über das Pergament.
Aber ich habe dir versprochen auf den Fürsten zu hören, sein Wort wie deines wiegen zu lassen und wenn dies alles wirklich dein Wunsch ist, so werde ich an dem Versprechen fest halten und dich nicht enttäuschen. Ansonsten ist alles ganz nett hier, ich war heute sogar mit ihm ausreiten und er hat mir ein wenig etwas von früher erzählt. Ich hoffe du erhältst diese Zeilen und ich deine Antwort.
Laerien
Sie verschloss das Tintenfass wieder und ließ sich in den Stuhl zurück sinken, tief durch atmend, faltete sie die Hände auf ihrem Bauch. Der Tag war wirklich lang gewesen und für sie sehr ereignisreich, mehr durch Worte und Gespräche denn durch Taten. Doch hatte dies wohl den selben Effekt. Als der Fürst sie vorher fragte ob sie müde war hatte sie geflunkert, sie war noch nicht so müde gewesen dass sie sich nach ihrem Bett gesehnt hatte, allerdings war sie schlichtweg zu beleidigt gewesen um in diesen Moment länger als nötig mit ihm zu reden. Seitdem war allerdings wieder einiges an Zeit vergangen. Begleitet von einem wehmütigen Seufzen richtete sie sich wieder auf, nahm den Brief in ihre Hand und blies kurz darüber um die Tinte endgültig zu trocknen. Dann erhob sie sich und rückte alles was sich auf dem Tisch befand wieder zurecht. Den Brief würde sie sicher verstauen bis sie ihn morgen irgendwie los schicken konnte, keiner sollte diese Zeilen lesen.Langsam schritt sie in ihr vorübergehendes Schlafgemach, die Freude die sie gestern noch ereilt hatte als sie das Bett erblickte, hatte heute im Laufe des Tages einen faden Beigeschmack bekommen. Hier ging ein anderer Wind als im Hause ihres Vaters und die ersten Ströme der Veränderung hatten sie bereits erreicht.
Jaaa… Da dürfen wir mal gespannt sein, was der Herr Papa sagt – wenn er den Brief überhaupt kriegt.
In jedem Fall, sehr hübschlich! Armes, kleines Mädchen.