Minas Faer

Nephilem war zufrieden. Zwar hatte Heridan anscheinend zu tun und sich seit nunmehr fast drei Tagen recht häufig im Labor eingeschlossen – aber das gab ihr die Gelegenheit, im Haus einige winterliche Dekoration aufzuhängen, ohne dass er gleich anschließend versuchte, diese aus dem Haus zu schmuggeln.

Und Heridan hatte wirklich – nun, vielleicht nicht dringenderes zu tun, dafür aber, zumindest seiner persönlichen Ansicht nach, wichtigeres. Abgesehen davon, dass es im Winter nicht unbedingt ratsam war, eventuell vorhandene Drachen zu verärgern, empfand er die Dekoration auch gar nicht als so schlimm. Er mochte lediglich die Diskussionen. Diese konnten ihn so schnell von verpatzten Versuchen ablenken. Denn er versuchte zu nähen.

Dies hatte er schon öfter getan, meistens mit menschlicher Haut. Jedoch hatte die, wenn er mit ihr zu tun bekam, meist schon ungefähr die Form, die sie auch haben sollte. Etwas, das doch wie eine zweite Haut sitzen sollte, nur mithilfe eines Buchs über „Textilbasierte Stützvorrichtungen zur Förderungen der Genesung von Knochen, Muskeln und Gelenken“ und einer gefühlten halben Tonne an Material etwas neues zu erschaffen.

Er hatte dafür Zeichnungen angefertigt. Dutzende. Nach Gedächtnis und Augenmaß. Beide hatten ihn, was das betraf, bisher nie im Stich gelassen. Er hatte Zeichnungen zerrissen. Hunderte. Hatte Zeichnungen neu gemacht. Tausende. Hatte Zeichnungen verbrannt. Millionen. Und das, obwohl man ihm schon eine Milliarde Mal gesagt hatte, er solle nicht immer übertreiben. Dennoch war mittlerweile eine deutliche Menge an Papier in den Kamin gewandert – bis er eine Zeichnung begutachtete, die wenigstens in der Form Makellos war. Alle Maße standen dort, genaustens geschätzt und gerechnet. Der Materialverbrauch war berechnet.

So machte er sich jetzt ans Werk. Die Pläne beachtete er nicht einmal mehr. Er hatte sie so oft überarbeitet und neu gezeichnet, dass er nur die Augen schließen brauchte, um sie vor sich zu sehen. Während der Arbeit musste er schmunzeln. Wie so oft, über Ironie. Korsette dienten dazu, Weiblichkeit zu betonen. Dieses besondere jedoch sollte sie verbergen. Es würde Mon eine Menge blessuren und Schmerzen ersparen. Und ihm damit wohl auch eine Menge Arbeit.