Der Bote, der diesen Brief an seinen Bestimmungsort bringen solle, stammte weder aus Gondor, noch interessierten ihn die Belange irgendwelcher Häuser. Es war anzunehmen, dass er zudem keine Idee davon hatte, welches Siegel der Brief trug. Das Einzige, was für ihn zählte, war das Silber, das ihm an Ende seiner Reise erwarten würde. Ein idealer Bote befand Ellena, während sie von ihrem Platz aus beobachtete, wie dem Mann die Briefe und der erste Teil seines Lohnes übergeben wurden.
Meine liebe Ioreth,
ich hoffe, Du bist wohlauf und kannst Dich trotz meines Vaters arrangieren. Ich hege allerdings die Hoffnung, dass Dir dies gelingen mag, wie es Dir stets gelang, liebe Freundin. Ich selbst habe mich entschlossen, meinen Worten Taten folgen zu lassen und werde mich keinesfalls mehr zum Spielball meines Vaters und seiner Pläne machen. Alles, was ich zutun habe, ist dafür zu sorgen, dass Tharlegond nicht in diese Sache hineingezogen wird. Er ist ein guter Mann und seinem Herrn überaus treu ergeben. Er verdient wahrlich keine Strafe dafür, dass er mit mir verheiratet ist. Ich habe allerdings die Befürchtung, dass sein Lehnsherr solche Feinheiten nicht unterscheidet, also werde ich irgendein Druckmittel anbieten müssen. Wenig genug habe ich zu bieten, aber vielleicht zählt ja meine Stimme dazu.
Ich habe kürzlich den Herzog unterschätzt, ein Fehler, der mir hoffentlich nicht nocheinmal unterlaufen wird. Allerdings kann das vielleicht auch ein Vorteil sein, denn er wiederum glaubt, nunmehr zu wissen, was er von mir zu halten hat. Vermutlich hält er mich schon für eine halbe Verräterin, die seinem Haus schaden will. Es wäre jedenfalls überaus passend für diesen Mann, der doch offenkundig lediglich zwischen Feinden und Freunden unterscheiden kann. Dabei gibt es noch so viel dazwischen. Allein die Abstufungen eines Bündnisses öffnen ungeahnte Möglichkeiten. Nehmen wir Atherton Salas. Er kennt die Schritte inzwischen ebenso gut, wie sein Bruder sie einst kannte. Auch wenn Atherton zugebenermaßen nach wie vor eher unkonventionelle Maßnahmen ergreift. So traf ich kürzlich einen Kämmerer namens Sandershausen, der so perfekt eben nicht Atherton Salas war, dass ich mich fragen musste, warum niemand anders das offenbar bemerkt hat.
Wir sprachen über Belanglosigkeiten, tauschten Artigkeiten aus und auch das in derart perfekter Form, dass jeder Zuhörer nur zu dem einen Schluss kommen kann, dass das geführte Gespräch voller formeln und Andeutungen ist. So oder so, Atherton Salas hat ein Ziel und er ist entschlossen es zu erreichen. Ich bin entschlossen, ihn darin zu helfen. Eine Einschränkung allerdings muss ich machen. Ich möchte nicht diejenigen zu Schaden bringen, die mir am Herzen liegen. Dazu zählt auch Sybell Winthallan, was die Sache dann doch kompliziert macht. Ein Umstand, den ihr Gatte Cinlir in seinen Vermutungen über Feind und Freund vermutlich kaum Beachtung schenkt.
Dies also sind die ersten Schritte. Mein Ziel kenne ich mit jeden Tag klarer und es wird sich zeigen, welcher der beiden Herren, mich ihm näher bringt. Die Bedingungen sind ebenso klar wie das Ziel. Tharlegond, der sich seit Monaten für meinen Vater und seine wahnsinnige Idee aufreibtt. Linhir und sein Volk. Der Preis, den zu zahlen ich bereit bin? Derneth von Linhir.
Ich schreibe Dir erneut, wenn ich wieder einen Boten finde, den ich weit genug trauen kann, meine Nachrichten zu überbringen. Bitte achte auf Dich und halte dich so fern wie möglich vom Hof meines Vaters fern!
Fühle Dich umarmt, liebe Freundin
Ellena Elteror.
Der zweite Brief trägt dasselbe Siegel ist aber ungleich kürzer und vor allem an Tharlegond Elteror adressiert.
Mein lieber Tharlegond,
noch immer gibt es keine Nachricht von Dir, so sende ich diese Zeilen an den letzten Standort, der von Dir bekannt ist. Zusammen mit meiner Liebe und meinen Gebeten. Mögen Dich die Valar Dich auf Deinen Wegen leiten, mögest Du Schutz finden und mögest Du Licht sehen, wo der Weg dunkel wird.
Was auch immer Du aus Linhir, Minas Faer oder dem Herzogtum Ost-Agar über mich hören magst, sorge Dich nicht und wenn Du kannst vergieb mir.
In tiefer Liebe
Ellena.
Tanzen! Bald! 😉
Natürlich gibt es noch andere Farben als Schwarz und Weiß! Da gibt es nämlich noch Blutrot! Jawohl! *g*
Und grau. Es gibt SO schöne Grauabstufungen, Herr Winthallan! 😀