Wütend kläffend rannte der verwilderte Hund hinter ihr her. Er wollte nach ihr schnappen, doch seine Kiefer zermalmten nur leere Luft. Sie hatte einen Haken geschlagen. Adrenalin rauschte durch ihren kleinen Körper, als sie über das Feld lief. Der Köter hinter ihr hatte schon Geifer vor seinem Maul und kläffte, als wäre er toll. Da war ein Zaun direkt vor ihr! Mit aller Kraft und laut gackernd schlug sie mit den Flügeln während sie auf den Zaun zu rannte. Wild flatternd überwand sie die Hürde. Der Hund war nicht so schnell. Er prallte gegen den Zaun und schüttelte benommen den hässlichen Kopf.
Geschieht dir recht, du Dämlack, dachte Claddagh, gackerte triumphierend und rannte weg, so schnell sie ihre kleinen Hühnerbeine trugen. Dass sie ein Huhn war, wusste sie und es wunderte sie gar nicht.
Die ganze Rennerei hatte sie hungrig gemacht. Der dumme Köter war auch nicht mehr hinter ihr her. Also blieb Hühnchen Claddagh stehen und sah sich nach etwas Essbarem um. Wo ein Wille ist, da ist ja bekanntlich auch immer ein Hühnchen. Oder so ähnlich.
Da! Da hatte sich etwas bewegt! Aufgeregt sprang sie dorthin und begann, gackernd zu scharren, dass der Dreck nur so durch die Luft flog. Empört stellte sie fest, dass der Wurm so gar nicht begeistert davon war, auf ihrer Speisekarte zu sein und wollte sich tiefer in die Erde winden.
Was fällt dir ein? Ergib dich gefälligst deinem Schicksal, dachte sie und scharrte erbarmungslos weiter, bis sie den Wurm freigescharrt hatte und er seinem bitteren Ende entgegen sehen musste. Zufrieden machte Huhn Claddagh sich daran, die Welt zu erkunden. Sie war eine stolze Henne und die ganze Welt stand ihr offen! Sie wackelte so anmutig, wie nur Hühner es können, durch die Siedlung und über Felder. Die ganze Welt lag ihr zu Füßen.
Ein bedrohliches Knurren drang in ihr Hühnerbewusstsein, als der verwilderte Hund von eben sich vor ihr auf der Straße aufbaute, die Zähne gefletscht, das Nackenfell gesträubt, Geifer um die Lefzen.
Pföh, du Töle kannst mir gar nichts, dachte Claddagh und flitzte los, an dem Hund vorbei. Dieser verhedderte sich im Umdrehen in seinen eigenen Beinen und landete auf der Straße. Dann nahm er die Verfolgung auf, überschlug sich fast vor Kläffen. Zielsicher rannte Claddagh zu dem Hof, von dem sie kam, Haken schlagend und gelegentlich auch flatternd, wenn der Köter ihr doch ein wenig zu nahe kam. Als sie den Hof erreichte, kam auch schon der Bauer raus, mit der Mistgabel in der Hand. Wütend verjagte er den Köter vom Hof. Claddagh piekte währenddessen seelenruhig nach Körnern.
Auf einmal wurde sie jedoch von groben Händen gepackt und ihr dämmerte es, dass ihr Glück nun ein Ende hatte…
Die ersten Sonnenstrahlen weckten Claddagh. Als sie an sich hinunter sah, stellte Claddagh erleichtert fest, dass sie kein Huhn war. Alles nur geträumt. Sie schwor sich, nie wieder abends Omelett zu essen.