Wahrnehmungen

Mynerya Kaldenberg
25. Mai 2008 • Kommentare: 2

Beruhigend prasselte das Feuer im Kamin des Flechters, nur das gelegentliche Knacken des Holzes durchdrang jene Geräuschkulisse. Ruhe war in den alten Gasthof eingekehrt. Lediglich die Wirtin war noch geblieben, um wie jeden Abend ihre Theke zu schrubben. Alleine an einem Tisch sass nur Mynerya und betrachtete das Stück Papier, welches vor ihr lag. Behutsam zog sie eine Schreibfeder und setzte an.
So vieles ist geschehen in den vergangenen Tagen, dass ich nicht weiß wo ich beginnen soll dir zu schreiben. Ich weiß, du würdest jetzt sagen am Anfang, nur habe ich selbst kaum noch einen Schimmer wo dieser Anfang war.

Vielleicht begann es damit, dass jenes widerliche Weib Antain in das Haus aufgenommen wurde. Ich konnte es kaum fassen, dass diese Frau einem solch ehrbaren Haus beitreten durfte, aber anscheinend gibt es Gründe dafür. Ich habe versucht sie zu ignorieren, aber es misslang mir. Sie verbreitet nur Zwietracht und Ärger, aber man verlang ihr gegenüber Nachsicht und Ehrgefühl. Ich bin mit sicher das Weib weiß nicht mal mehr wer ich bin, geschweige den was sie mir antat. Wie sollte sie auch, sie muss ja neue Zwietracht säen. Die arme Frau Lynne war ihr erstes Opfer, als nächstes ist Lysawyn auserkoren wie mir scheint. Aber was soll ich dir darüber schreiben, es obliegt nicht mir darüber zu richten, geschweige den dort einzugreifen. Es gibt schlimmeres das mich bedrückt. Der Herrin geht es dieser Tage anscheinend nicht gut. An einem Abend war sie völlig aufgelöst, welch Wunder das dies durch Antain hervorgerufen wurde, und ich habe versucht ihr Trost zu spenden. Doch habe ich kläglich versagt. Wie so oft. Ich konnte ihr keinen Trost spenden…

Am Tag danach taten wir eine Reise nach Bruchtal, ich durfte die Herrin begleiten. Ich habe mir alle Mühe gegeben, mich vorbereitet wo es nur ging, doch hatte ich das Gefühl wieder nichts zu erreichen. All die Wachen, die stolzen Söldner welche uns begleiteten. Ein jeder auf seine Art erhaben, vor allem ihre Anführerin war eine bewundernswerte Dame. Stolz und Stärke lagen in ihr, unverkennbar. Das Geleit war einer Baroness würdig, auch wenn ich glaube dass unsere Hauswachen sehr unzufrieden waren, was ich gut verstehen kann. Und zwischen all diesen großen Personen, Ich. In Bruchtal selbst konnte ich nicht viel tun (aber ich habe endlich Frau Sanguisa wieder gesehen, sie hatte eine neue Haarfarbe, das sah aus…schrecklich) als zu zuhören. Einem Elben der von Dingen sprach, die ich nicht einmal nachvollziehen konnte, aber seine Worte waren eh für die Herrin gedacht. Außer als er sich mir kurz zuwandte, er sprach von einem Spiegel. Glaubst du er weiß es?

Leider kehrte ich erst später zurück nach Schlucht, als die Herrin bereits fort war. Wieder habe ich versagt und war nicht da für sie. Es war sogar noch schlimmer, als ich sie dann fand. Dem Haus sind Barden beigetreten. Sie musizierten vor der Herrin und sie war…sie schien irgendwie fröhlich zu sein. Eigentlich sollte es mich freuen, sie guter Dinge zu sehen. Dennoch … Musik, ich hätte es mir denken können. Ausgerechnet das, was ich in keinsterweise beherrsch, erfreut sie. Ich fühle mich so unnütz.

Verzeih mir, wenn dies alles so verwirrend ist. Aber es ist nur ein Abriss der letzten Wochen. Ich fühle mich schlecht, den egal was ich tue ich enttäusche die Herrin. Ich will ihr helfen, doch wie soll grade ICH das können. Bei allem was ich tue, versage ich. Damals hatten sie alle Recht, ich tauge zu Nichts. Immer mehr wird mir bewusst, dass mich niemand wahrnimmt. Weshalb aber auch, ich bin nur eine Magd, nicht mal eine gute. Ich erfülle meine Aufgabe und dies war es schon. Zwischen all den hohen Herrn, großen Kämpfern und Gelehrten wirke ich wie Beiwerk. Nur was verlange ich auch, ich meine, ich will es doch auch so…

Etwas Schönes kann ich dir aber berichten. Das Haus hat eine Schreiberin, Frau Weissblatt. Ein junges Mädchen aus Gondor. Sie ist klug und sehr freundlich, wenn auch ein wenig schüchtern. Ich habe einige Gespräche mit ihr führen können, sie schien diese sogar zu genießen und unterhielt sich wohl gerne mit mir. Irgendwie konnte ich es kaum glauben, da sonst kaum jemand mit mir redet… oder dies nur so lange tut, bis jemand interessanteres erscheint. Ich hoffe sie wird noch einige Zeit mit mir sprechen, sie hat mich sogar einmal klug genannt …bis ich dann auch für sie nur noch eine Magd bin.

Behutsam legte sie die Schreibfeder mit ihrer Rechten ab und betrachtete das Schreiben. Seufzend lass sie ihre Zeilen, welche sogar ihr im nach hinein etwas wirr erschienen, aber sie konnte sich darauf verlassen das die Empfängerin verstehen würde, was sie geschrieben hatte. Mynerya griff nach ihrem Met, trank einen Schluck und atmete kurz tief ein, als sie gedankenverloren auf den Inhalt sah. Dann hob sie mit der Linken die Feder und schrieb.

Kleines, deine Wörter sind wirklich sehr wirr und ich musste deinen Brief mehrmals lesen, bis ich verstanden habe was du mir sagen willst. Ich muss zugegen, dass diese Antain schon wieder in dein Leben tritt und dir solchen Kummer bereitet, stört mich ein wenig. Vielleicht sollte ich sie mal treffen und einen kleinen Disput mit ihr führen.

Wie dem auch sei, ich denke wir müssen uns beide bald wieder treffen. Was deine Bedenken bezüglich deiner Herrin angeht, da kann ich dir nicht vieles sagen um sie zu zerstreuen. Du weißt, was du bist und hast dich dazu entschieden eben dies zu sein. Erinnere dich an die Lektionen von damals, dass deine Belange unwichtig sind, es zählt nur was man von dir verlangt und dass du dies erfüllst. Ruf dir das wieder ins Gedächtnis. Es obliegt nicht dir, Seelenheilerin zu sein oder Trostspenderin sondern eine Dienerin welche tut, wozu Diener da sind. Du hast dich entschieden dem Haus als Magd beizutreten, auch wenn ich dir gesagt habe das du sicherlich Potential besitzest als dies. Nun Lebe damit und verhalte dich dementsprechend. Tue was man dir aufträgt, befolge die Befehle deiner Herrschaften und verhalte dich still. Du weiß doch was man dir beibrachte, zu funktionieren. Mehr sollst du nicht tun, nur funktionieren. Hast du das verstanden, Dienerin?

Das ist alles was ich dir zu schreiben habe. Erst wenn wir wieder miteinander reden, werde ich dir mehr dazu sagen. Und bevor du dich fragst, ja ich bin immer unzufrieden bezüglich deiner Entscheidung mit der…Brennil. Ruf nach mir, wenn du dich einem Gespräch gewachsen füllst. Wenn nicht, es ist deine Entscheidung aber erwarte vorerst keine freundlichen Worte von mir.

Erneut legte sie die Schreibfeder ab und lass das Geschriebene. Mynerya schluckte mehrmals, als ihre Augen über die Worte flogen. Schnell wischte sie sich eine Träne weg und stand auf, dass Schreiben in der Hand haltend. Funktionieren also sollte sie. Sie war eine Dienerin, so gesehen Besitz des Hauses, daher war es nur verständlich das sie dies tun musste. Langsam ging sie zu dem Kamin, knüllte das Schreiben zusammen und warf es in das Feuer. Gierig verschlangen die Flammen den neuen Brennstoff, leckten über die Ränder und taten sich an den Worten gütlich. Aus den geschriebenen Gedanken wurde Asche und aus der Asche wurde Staub. Das Papier hatte seine Funktion erfüllte. Im Stillen entschied Mynerya sich, es dem Papier gleich zu tun. Sie würde tun was man ihr sagt, ohne Fragen zu stellen oder ihre Selbst zu beachten. Wie das Papier, würde sie ihren Zweck erfüllen und funktionieren, bis auch sie nur noch Staub war.

  1. Alrich sagt:

    Och menno, die arme… und Ellena kann nichtmal helfen, die ahnt ja nüscht!

  2. Sethur sagt:

    Jetzt bin ich hier der unbekannte Neuling, aber… *schnieef*
    Schön geschrieben, übrigens.

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