Minas Faer

Ich kann es immer noch kaum glauben! Endlich hat der Fürst seine Zustimmung gegeben.
Mein Herz klopft immer noch ganz schnell, wenn ich an seine Worte denke: „Meinen Segen habt ihr.“ Ich glaube fast, das war einer der schönsten Momente in meinem Leben, wie er unsere Hände aufeinander legte und dieser eine Moment nur uns gehörte. Giselher brachte kaum ein Wort heraus; ich glaube, er selbst war viel zu aufgeregt. Oh, wie schön das Leben doch ist!
Ich muss unbedingt Mynerya fragen, was nun alles zu tun ist. Oder sollte ich die Baroness noch einmal aufsuchen? Es ist alles so… so… ach, mir fallen einfach keine passenden Worte ein. Aufregend? Spannend? Wundervoll? Traumhaft? Alles trifft zu, doch sind die Worte nicht dem gerecht, was mein Herz zum Zerspringen bringt.
Giselher will seinen Dienst als Hauptmann niederlegen um nun nur noch „Wache“ zu sein. Ich hoffe, er bereut seine Entscheidung schlußendlich nicht, immerhin ist das ein Schritt, der zu gut überlegt sein muss. Ich will ihn nicht davon abhalten, seine Pflichten sorgsam zu erfüllen. Er meinte zu mir, Herr Elmion sei für diese Position am Besten geeignet. Bleibt nur zu hoffen, dass es auch der richtige Weg ist.

Trotz dieses wunderbaren Tages gibt es wieder die Schatten, die das Haus Tag für Tag heimsuchen…
Ich habe mit Immertreu geredet, habe ihr versucht klar zu machen, dass ich nicht böse auf sie bin wegen ihrem Auftreten vor 2 Tagen. Erst wollte sie weglaufen, aber irgendwie konnten wir uns dann doch ein wenig unterhalten.
Sie versteht nicht, wieso ich auf sie zugegangen bin. Sie versteht nicht, wieso ich ihr helfen will. Der Fürst wird sie heute zu sich holen, nur er und sie, allein. Ich hoffe inständig, es wird ihnen beiden nichts geschehen.
„Er ist so groß wie ich, sieht aus wie ich, spricht wie… jemand anders.“
„Wenn ich rufe, bleib wo du bist.“
Es wird schwer sein, sich an die Weisung des Fürsten zu halten.
Gestern Abend lud ich sie ein, dass sie in meinem Zimmer schlafen kann, in einem richtigen Bett; Bäume oder Wiese, wie sie es für gewöhnlich hielt, schien mir nicht der rechte Ort zum Ausruhen, bevor sie sich dem stellen muss, wovor sie sich wohl am meisten fürchtet. Ich ließ mir von Frau Honigwein Essen bringen, doch rührte Immertreu es nur lustlos an. Auch ihr Schlaf schien seltsam… sie ruhte eine Weile, stand dann wieder auf, schlief wieder… und das beinahe in einem stündlichen Takt. Wer oder was auch immer sie qäult.. es muss mit dem, was sie früher erlebte, zusammenhängen.
„Verheiratet.“ Ein kurzes Deuten ihrerseits. „Bist du.. bist du weggelaufen?“ „Nein…“ Und ab da konnte ich ungefährt erahnen, wieso sie hier war. In diesem Zimmer. Im Hause Minas Faer. Im Breeland. Weit, weit weg. Auch wenn ich niemals begreifen werde, was Recht und Tradition in ihrer Heimat sind, so will ich es niemals wissen müssen.

Frau Lysawyn… eine andere Sache, die mir Kopfzerbrechen bereitet. Der Fürst deklarierte sie zum Tier. Nichtachtung sollen wir ihr zollen. Nichts weiter, als ein Schatten im Haus. Sie tat mir so leid, wie sie verweint und gebrochen aus dem Zimmer trat, Giselher sie abführte und alle irgendwie.. betroffen auf sie schauten. Die arme Frau… und auch hier kann ich nichts tun, ausser zusehen. Eigentlich ist es ungerecht. Aber was wiegen die Worte einer Schreiberin gegenüber eines Fürsten? Nichts.
Antain wies mich an, Frau Lysawyn nach Bruchtal zu geleiten. Und so brachen wir noch am selben Abend auf. Der Namenlose, die Hausjägerin, Mynerya und ich. Zum Glück mussten wir den größten Teil der Strecke reiten; mein Fuß schmerzte ohne Unterlass, nachdem wir am See in Stadel ankamen.
Iverin nimmt sich ihrer an, will ihr zeigen, was es heisst, wieder zu leben. Ich hoffe, Frau Lysawyn findet ihre Stärke wieder. Niemand sollte in seiner Trauer alleine sein.

Dieser Tage sind alles andere als einfach. Jeder hat mit seinem Schatten zu kämpfen. Nur was kann ich tun?

„Ich habe keinen Schatten.“
„Doch… einen.“
„Angst.“
„Siehst du…“