Herbstschatten

Iyrawen
13. September 2008 • Kommentare: 4

Ich starre gedankenverloren aus dem Fenster meiner kleinen Kammer. Noch wehrt sich der Tag gegen die heraufziehende Dämmerung, aber nicht mehr lange, dann wird tiefe Nacht über Wodesfurch liegen. 

Jeden Tag geht das Ringen zwischen Licht und Schatten nun ein wenig eher zugunsten der Dunkelheit aus. Der Herbst kommt, und mit ihm die Stürme. Ich kann es fühlen. Den ersten Sturm hat unser Haus – schreibe ich wirklich gerade unser Haus? – in den vergangenen Tagen zu spüren bekommen. Ein zweifelnder Seneschall. Eine falsche Diplomatin. Ein vergifteter Fürst. Und  – möge niemand je diese Zeilen sehen! – eine ratlose Medica.

Alejandro ist tapfer, kein Zweifel daran. Er trägt den Verlust seines rechten Augenlichts mit Fassung. Auch den Sud, den ich ihn täglich zu trinken nötige, schluckt er ohne großes Aufbegehren hinunter. Tapfer auch das. Erdwürmer sind schließlich nicht gerade für ihre würzige Note bekannt… Aber ich fürchte, mein einst so schwieriger Patient hat trotz seines sonnigen Lächelns längst durchschaut, dass es diesmal vielleicht um alles geht. Atrié allein hätte gereicht, ihn zu töten. Der Schattenpilz aber…Wieder und wieder lese ich die verwitterten Zeilen in den mehrbändigen Wälzern, die mir der alte Fuhrgut zum Abschied aus Schlucht schenkte. „Krankheiten und Gebrechen Mittelerdes“ und „Heil – und Todespflanzen“ – so viele Seiten, so viele Zeilen darüber. Und doch nicht die Informationen, die ich suche.

Ich muss mehr herausfinden. Über die ersten Anzeichen, falls es passiert. Es gibt kein Heilmittel, so heißt es, und es wäre vermessen, anzunehmen, ich  könnte eines erschaffen. Aber wer weiß, vielleicht gibt es in den Weiten Mittelerdes ja doch ein Wesen, eine Gestalt, die mir mehr darüber sagen kann? Wenn ja, dann sollte ich sie oder ihn finden, und zwar schnell.

Es gibt im ganzen Haushalt ohnehin niemanden sonst, der danach suchen könnte. Selbst Alejandro musste das widerwillig eingestehen. Sanguisa und Iverin sind kundig, keine Frage. Sehr wahrscheinlich wissen sie, die Elben sogar weit mehr, als ich Menschlein in meinem ganzen Leben je erfassen kann. Aber sie sind auch Ehefrauen und Mütter. Ich hingegen habe der Liebe abgeschworen, vor langer Zeit, in einem anderen Leben. Die besten Voraussetzungen also, um dem Haus auf immer fern zu bleiben und den Weg der Schatten zu gehen, falls die Mission scheitern sollte. Falls…vergebens versuche ich, den Gedanken zu verdrängen. Die rotgeränderten Augen. Das weiße Haar. Die dürre Gestalt. Das irre Lachen. Es ist nicht so, dass mir der Schattenpilz in seiner schlimmsten Form nie begegnet wäre. Doch damals spielte das keine Rolle. Nichts spielte damals eine Rolle. Heute schon, auch wenn ich das kaum eingestehen mag. Zunder noch einmal, habe ich die kläglichen Reste meines Herzens etwa an ein Haus verloren?

Wie so oft muss ich an die Morgula denken, ob ich will oder nicht. Sie verbrannte im Feuer, und mit ihr auch ihr Wissen. Ob das Feuer nun die Lösung weiß? Ob es eine Lösung gibt?

So viele Fragen. Doch am meisten fürchte ich die Antworten.

  1. Lynne sagt:

    ooc: Iyra, das hast du ganz zauberhaft geschrieben. So schön. Aber nicht verwunderlich. *flausch* Bitte mehr, wenn immer du die Muse findest. Ich liebe deine Geschichten rund um unsere Lieblings-Flammenhexe zu lesen.

  2. Alejandro Salas sagt:

    Persönlich bin ich ja für gegenseitige Bestechung: Lynne schreibt mehr, wenn Flämmchen mehr schreibt – Flämmchen chreibt mehr, wenn Lynne mehr schreibt. Und ich? Ich bin der oportunistische Nutznießer! 😀 Ich gewinne so oder so.

    *räusper* Zum Thema… Ja, das liest auch ein Solan gern. *boings*

  3. Alrich sagt:

    a..aber, der Seneschall zweifelt fast beinahe garnicht mehr… Flamme eines Feuers und so… na?! Wer sagte das der Baroness? 😀

  4. Iyrawen sagt:

    Merci mes chers! Lynne schreibt mehr, wenn Flämmchen mehr schreibt und umgekehrt? Das klingt nach einem guten Deal… 😉 Und wenn dann auch noch der Fürst die zusätzliche Blogmenge mit noch mehr eigenen Tagebucheinträgen kompensiert, Ellena endlich mal wieder einen ihrer herrlichen Briefe verfasst, San aus ihrer stummen Deckung auftaucht, Ive erzählt wie es mit ihr weitergeht, Rod mal wieder für Spannung sorgt…usw…aber ich schweife ab…;-)

    Der Seneschall zweifelt fast beinahe gar nicht mehr? Bei allen Feuern – quod erat demonstrandum, Gisi! 🙂

    Und Solan – irgendwie werden wir uns noch absprechen müssen, wie dem armen Fürsten nun eigentlich zu helfen ist (oder auch nicht). Und von wem. Hrhr. 😀

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