Auf dem Rücken der Pferde

Alrichson Dorn
11. März 2010 • Kommentare: 8

Widerstrebend musste Alrichson das Geschick Herzogs anerkennen. Der Mann war nun sicher über die 60, aber auf einem Pferd bewegte er sich wie der Stallmeister es selber tat und der zählte gerademal 40 Winter (mehr oder weniger). Als der Herzog sich dem Haupthaus nährte, lief Alrichson ihm entgegen, bereit ihm das Pferd abzunehmen.

„Wehe Du hilfst mir vom Pferd“ sagte Cinlir Winthallan bestimmt. Alrichson brummte unwillig, nickte aber. Tatsächlich hatte der Herzog auch keine Hilfe nötig. Er schwang sich in einer fließenden Bewegung aus dem Sattel und warf dann Alrichson die Zügel zu. „Ein schönes Tier habt Ihr da“, bemerkte der Stallmeister mit geübten Blick, „stammt er aus der Linie Aeglys?“ Nun war es der Herzog, der widerstrebend das Geschick des Stallmeisters anerkannte und er nickte. „Ja, ist es. Dieses Jahr haben wir alle Jährlinge durchbekommen und dieser hier“ Cinlir klopfte auf den Hals des Pferdes „ist für Deinen Herrn, wo ist er eigentlich?“

Alrichson deutete zum Anwesen des Ritters. „Er wollte mit Lady Bryanne und dem jungen Lucan runter ins Dorf, aber ich glaube sie sind noch nicht aufgebrochen“ Der Stallmeister hatte den Satz noch nicht ganz zuende gesprochen, da war der Herzog schon auf dem Weg zum Haus. Alrichson zuckte mit den Schultern und führte dann das Pferd zu den Ställen. Er würde einen Platz für das Tier finden müssen und einer der Burschen musste rüber zu Pergol, denn es würde ja auch ein neues Geschirr benötigt werden.

Alrichson musste doch Schmunzeln. Auch wenn er das nur tat, wenn gerade keiner der Stallburschen in der Nähe war. Immerhin hatte er einen Ruf alss knurriger und missmutiger Stallmeister zu verteidigen. Er stand nun seit einigen Jahren in den Diensten des Seneschalls und im Grunde waren es recht angenehme Jahre gewesen. Nach dem Krieg war der Haushalt nach Gondor übergesiedelt und Sir Aldorn hatte die Verwaltung seines Lehens selbst übernommen. Schon im Breeland hatte sich herausgestellt, dass Alrichson ein Händchen für Pferde hatte. Er mochte ihre Ruhe und Geduld und sie schätzen vielleicht, dass er sich um sie kümmerte. So war es nur richtig, dass er den Seneschall begleitete, als dieser seinen Haushalt in Minas Faer begründete.
Beide Herrschaften ließen ihn in der Regel in Ruhe, solange er seine Arbeit machte und er schätzte das. Der alte Aldorn hatte ihm von seinem Vater berichtet und es hatte Alrichson nicht sonderlich verwundert, dass der als sturer, alter Mann galt. Lady Bryanne hatte allerdings ein gänzlich anderes Bild seines Vaters geliefert. Er war eine Klinge Merouns gewesen, gehörte also jenen Söldnern an, die inzwischen fast ein Mythos waren. Er war als einer der ihren gestorben. Lady Bryanne selber war einst eine Klinge, was dazu führte, dass sogar die Männer Sir Aldorns ihr Urteil schätzen.

Als das Tier des Herzogs gut untergebracht war, schlenderte Alrichson vor die Ställe und setzte sich auf einen Schemel. Es würde sicher eine Weile dauern, bis sein Herr samt Herzog im Hof stand, sodass ihm noch Zeit für eine Pfeife blieb. Gemächlich zog er seinen Tabakbeutel hervor und begann, die Pfeife zu stopfen. Seit Jahren ging das so; Zuweilen besuchte der Herzog seinen alten Ritter und brachte ihm eines der Pferde, auf die er so stolz war. Nach dem Krieg hatte Cinlir Winthallan sich ganz auf die Zucht konzentriert und so war das Gestüt weithin bekannt. Soweit Alrichson wusste, hatte Sir Aldorn gleich nachdem er das Lehen erhalten hatte, dem Herzog die Zucht zu Verfügung gestellt. Cinlir gehörte zwar nicht das Gestüt, wohl aber die meisten der Pferde und so waren Sir Aldorn und der Herzog eine ziemlich praktische Geschäftsbeziehung eingegangen, von der beide Seiten profitierten.

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„Ich kann nie gewinnen, das weißt du“ grinste Giselher. Dem alten Ritual folgend blickte Cinlir fragend zu seinem Seneschall. „Ich werde doch nicht ernsthaft gegen meinen Herrn zu Felde ziehen. Ich hatte schon für weniger deine Klinge an meinem Hals liegen!“ Cinlir brummte. Giselher tat es ihm gleich und beide beugten sich wieder über das Schachbrett. Die Figuren waren einst sehr kunstvolle Schnitzarbeiten gewesen, im Laufe der Jahre aber doch abegriffen und so konnte man nicht mehr ganz so gut erkennen, dass der weiße König die Züge des jüngeren Cinlir Winthallan trug.
Erst als Lucan vorbeikam sahen beide vom Brett wieder auf. „Mutter fragt, ob ihr noch lange spielen wollt?“ sagte der junge Mann in Richtung seines Vaters, verbeugte sich aber ebenso vor Cinlir. Giselher seufzte; wie immer hatte Bryanne beide durchschaut. Vor etwa 3 Jahren hatten sie aufgehört diese Partie ernsthaft zu spielen; es war aber ein guter Grund, zusammenzukommen und über alte Zeiten zu reden. „Dein Sohn ist hier?“, fragte Cinlir. Giselhers Antwort fiel eher missmutig aus: „Ja, und ich danke den Valar dafür! Er hat es sich in den Kopf gesetzt, die Klingen zu finden und eine zu werden! Schon als Kind hat er nichts lieber getan als den Geschichten von Drakon zuzuhören. Er ist ganz seine Mutter!“ Lucan grinste breit und Giselher wurde allzu bewusst, dass er in sein Gesicht sah, wie es vor vielleicht 20 Jahren ausgesehen hatte. „Ganz der Vater!“ schmunzelte Cinlir in sich hinein, „wie sagst immer? Breeländischer Sturkopf? Ich habe es Dir schon vor vielen Jahren gesagt, Bruder. Eines Tages wirst Du Deinen Sohn fortziehen sehen“

Der alte Ritter machte eine wegwischende Bewegung. Leider war es ihm nie wirklich gelungen, seinem Sohn zu grollen. Dafür war der Junge einfach zu offenherzig und er hatte das warme Lachen seiner Mutter. Ebenso wie sie konnte Lucan damit Giselher immer umstimmen. „Ja, das werde ich. Jetzt zum Beispiel. Geh und frag deine Mutter, ob sie auch ausreiten will. Ich wette eine ihrer Pasteten, dass Cinlir einen Jährling dabei hat“ Lucan nickte und verneigte sich dann vor Cinlir, bevor er mit langen Schritten wieder zurückging, um Bryanne aufzusuchen.
Mit einiger Anstrengung kämpfte Giselher sich aus dem Sessel, im Gegensatz zu Cinlir, waren die Jahre zu ihm nicht ganz so freundlich gewesen. Das Laufen fiel ihm nicht mehr so leicht wie früher, aber auf einem Pferd würde er dieses Problem ja nicht haben…

  1. Sybell sagt:

    *still vor sich hin grins* Wundervoller Blog, Gisi!

  2. Cinlir Winthallan sagt:

    Sehr schöner Blog!

    Aber er hat eine Lücke… Wo ist die Teetasse am Schachbrett?! *g*

  3. Giselher Aldorn sagt:

    danke!
    die Teetasse kommt dann im nächsten Blog 😉

  4. Jendayi Ndapewa sagt:

    Ein toller Zukunftsausschnitt. Und sehr friedlich *schwärm*

  5. Elmion sagt:

    Ich dachte wir wollten keine „Waswärewenn“ Blogs mehr schreiben? *g*

    Seeeeehr schön 😀

  6. Giselher Aldorn sagt:

    Wollten wir nicht? Dann ist das ein „Notwehr“ Blog, mein Hirn kommt sonst nicht nach 😀

  7. Sethur sagt:

    Gefällt mir sehr, Gisi. Toller Blog.

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