Unerreichbar

Nachtwind
27. Juni 2010 • Kommentare: 4

Sieben Tage ist es her, dass mir verboten wurde, mich dir zu nähern. Sieben Tage habe ich mich daran gehalten – Doch nachts war ich bei dir.
Heute ist die achte Nacht. Wieder bist du früh aufgestanden, zu früh. So früh, wie ich es von dir nicht kenne.
Gerade als sich das erste Morgengrau erahnen lässt, verlässt du das Haus. In den Tagen zuvor hast du zumindest die ersten Sonnenstrahlen abgewartet. Warum nicht heute?
Hast du mich bemerkt?
Solange es dunkel ist, kann ich dir folgen.
Ich begleite deinen morgendlichen Übungslauf und bin beeindruckt von deiner Kondition. Man sieht dir nicht an, wie gut in Form du bist. Noch macht es mir keine Mühe mitzuhalten, doch vielleicht wird es einmal so sein. Seit ich das Mädchen verließ, vernachlässige ich meine eigenen Übungen viel zu sehr.
Du läufst nicht die übliche Strecke, machst Umwege, bleibst oft stehen, siehst dich um. Du suchst etwas. Du suchst mich.
So gern ich mich dir zeigen würde, ich kann es nicht. Man hat es mir verboten und ich halte mich daran. Eine Strafe die mir zuteil werden könnte ist dabei unerheblich. Es geht um dich.
Wenn ich es jetzt nicht schaffe stark zu sein und dir fern zu bleiben, gerätst du in Schwierigkeiten. Durch mich.
Wieder.

Es ist verrückt, was ich tue – und dumm. Aber was erwartest du?
Wäre ich klug, hätte ich dir damals in dem Freudenhaus nur mein Beileid ausgesprochen und wäre wieder aus deinem Leben verschwunden. Alles wäre jetzt, wie du es für dich geplant hattest.

Abends schleiche ich in der Siedlung herum. Ich sehe nach deinem Gartenhobbit, elendes, neugieriges Geschöpf. Manchmal ist sie nicht da. Manchmal zu betrunken, um mich zu bemerken. Dann kann ich dich beobachten, durch das Fenster. Du hast schon oft hinaus gesehen, direkt zu meinem Versteck, mich aber nicht entdeckt.
Manchmal ist es gefährlich, sich deinem Haus von der anderen Seite zu nähern, weil der Hobbit das Gras wachsen hört. Dann bleibe ich auf Abstand, warte bis du das Licht löschst und verschwinde dann wieder.
Was, wenn sie mich eines Abends entdeckt? Kannst du auf sie verzichten? Wird sie mich verraten?

Gestern Nacht war ich in deinem Haus. In dem großen Zimmer hängt dieser Sandsack von der Decke, unter dem sich mittlerweile ein beachtlicher Sandhaufen gebildet hat, so oft bearbeitest du ihn. Deine Schritte knirschen auf dem Holzboden, wenn du das tust.

Hat der Sand mich verraten?
Ich war in deinem Haus, gestern Nacht.
Wieder wollte ich fortgehen, für immer, um der Versuchung zu entgehen. Wieder wollte ich nur einen Blick riskieren. Der Hobbit war nicht da, das Fenster offen.
Du hast geschlafen, tief. Der Wein ist schuld, ich weiß. Du schläfst sonst nicht tief, wenn du allein bist. Der Wein steht auf dem Nachttisch, neben dem Buch, in das du manchmal schreibst. Dein Glas war noch halb voll, ich habe es geleert. Ist es dir aufgefallen?
Ich habe dir einen Apfel hinterlassen, er liegt auf deinem Schreibtisch. Hast du ihn gesehen?
Als ich ging, schienst du zu träumen. Deine Miene war sorgenvoll, deine Lippen bewegten sich, doch ich konnte nicht hören, was du flüsterst. Zu leise, zu undeutlich.
Als ich ging, lief ich durch den Sand.
Ich habe das Fenster geschlossen, du würdest es nur wieder vergessen.

Heute morgen dein früher Aufbruch. Ich mache mir Sorgen um dich, es geht dir nicht gut. Ich hätte nicht kommen sollen, keine Spuren hinterlassen sollen.
Der Wein, der Apfel, der Sand. Es wird dich nur quälen.
Ich sollte gehen, weit fort.
Vielleicht schaffe ich es heute Nacht, mich zu verabschieden.

  1. Wird Zeit, das der Welpe gesund wird. *hibbel*

  2. Sethur sagt:

    Hach hach hach. *Tabletten futter und bald wieder auf der Matte steh*

  3. Fianah sagt:

    wirklich wirklich schön geschrieben!

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