The Winthallans 4.8 – It’s a hanging matter

Sethur
28. Juli 2011 • Kommentare: 8

Lange, nachdem Sybell Winthallan aufgehört hatte, sich zu bewegen, sich mit der erschöpften, mühevollen Kraft der Kranken zu wehren, stand er noch über ihrem Bett. Der Blutfluss der Wunde seines früheren Herren war versiegt, die Farbe der sonst wohl gebräunten Haut war erst blass, dann zum bläulichen Grau der Toten geworden. Er hatte die Klinge nicht kontrolliert, nicht mit einem klaren Ziel am Körper Cinlir Winthallans, nur mit der Absicht zu töten in des Fürsten Rücken gestoßen. Klar war sich Sethur jedoch, dass er wichtige Organe und Arterien durchbohrt, durchschnitten hatte: Große Teile des grauen Steinbodens waren bedeckt von dunklem, feuchtem Blut, wie er – noch in der Trance des Mordes – erst bemerkte, als seine Stiefel dunkle Spuren auf dem Stein hinterließen.

Erst nach einer Weile, sich wieder fangend, hob er das Schwert seines Vaters, reinigte die Klinge so, wie der Mann, der vor ihm am Boden lag, es ihn gelehrt hatte. Sethurs Hände bebten, während die Schneide versehentlich durch das blutige Tuch glitt, einen langen Schnitt zwischen Daumen und Zeigefinger der Rechten Sethurs hinterlassend. Mild verwundert stellte er fest, dass das Blut, welches langsam aus dem Schnitt an seiner Hand rann, die selbe Farbe hatte, wie das, welches den Boden bedeckte, am Schwert klebte und sich mit dem des Schnittes seiner Hand vermischte. Noch – bald würde es trocknen, eine bräunlich schmutzige Erinnerung, bis man es fortwischte.

Er scheidete das schlanke Schwert seines Vaters, sah an sich hinab. Er begann, sich an die Pläne zu erinnern, die er gemacht hatte, nachdem die Entscheidung fiel. Das viele Blut, was seine Kleidung mit klebriger Feuchtigkeit durchtränkte, hatte der Kämmerer nicht einkalkuliert. Auf der Hose würde es nicht auffallen, ebensowenig auf Weste und Hemd. Doch die leicht helleren Verzierungen seines Mantels hatten sich zu einem schmutzigen Ziegelrot gewandelt, die Farbe schrie die Tat förmlich heraus. Er legte den Mantel ab, warf ihn, das Geschenk seines Vaters, über das Feuer im Kamin.

Seine Stiefel würde er später reinigen. Einen Augenblick lang wunderte er sich über die Zeit, die er zu haben voraussetzte. In jedem Moment könnte jemand hineinkommen. Heridan, eine Zofe, eine Wache, wer auch immer. Einige Wachen waren noch um ihren Herrn. Doch er wusste – würde er nun nicht umsichtig, sondern eilig handeln, wäre sein Leben in Gefahr. Niemand außer Atherton würde erfahren, was die Wahrheit war. Für alle anderen – sollte Cinlir Winthallan sich in Trauer über den Tod seiner Frau in das eigene Schwert gestürzt haben. Das war nicht plausibel – wäre es nie gewesen, für jene, die Cinlir kannten. Doch in diesen Tagen, den Wirren des Krieges um die Stadt im Nebel, würde vielleicht mancher zweifeln, doch das würde alles sein.

Das Schwert, in welches sich Cinlir gestürzt hatte, konnte nicht das seines Kämmerers sein. So neigte er sich hinunter zu dem leblosen Körper, zog die Klinge des Herzogs aus der Scheide, bestrich die Schneide mit Blut und gab den verzierten Griff in die blutigen, leblosen Finger ihres Besitzers. Seine Finger wischte er ab, hob Sybell Winthallans Haupt an und schob ihr das Kissen wieder unter die feuchten, zerwühlten Haare. Der Erstickungstod war ihm immer als wilder Kampf, als schreckliche Vorstellung erschienen – die Züge der Toten waren jedoch, als sei sie friedlich eingeschlafen. Für einen Moment meinte Rian glauben zu dürfen, er habe sie wirklich von einem Leid erlöst, dem der Tod vorzuziehen war.

Er reinigte seine Stiefel, nahm aus dem Schrank seines Herrn einen weniger verzierten Mantel, der große Teile seines Körpers bedecken würde. Der Geruch des Blutes ließ ihm, gemeinsam mit der bewussten Nüchternheit seines Handels, schlecht werden, er gestatte sich jedoch weder Erbrechen noch Ruhe. Er besah sich den Raum und fühlte einen erneuten Stich der Schuld, war darüber hinaus doch zufrieden.

Für das, was sich in der Stadt abspielte hatte er kein Auge, glaubte, keine Zeit für die Schritte zum Fenster zu haben, öffnete die Tür des Zimmers seiner Gnaden wie selbstverständlich, trat hinaus und ging mit betont selbstbewussten Schritten den Gang entlang. Noch immer leicht benommen fehlte es ihm an Orientierung, er glaubte ewig gebraucht zu haben, nur um das Tor zu finden. In einem Moment hastete Heridan an ihm vorrüber, schenkte ihm jedoch keinerlei Beachtung.

Die ersten Schritte in die leblose Stadt machend, hörte er nur ein dumpfes Wummern, rhythmisch wie Trommeln, doch Schilde, Speere und laute Rufe. Er brauchte länger, als man annehmen, erwarten könnte, um den Ruf zu erkennen, womöglich auch, weil er nichts weniger hören wollte als

 

„BLUT FÜR BLUT!“

 

aus dutzenden, vielleicht hunderten Kehlen. Wieder und wieder, häufiger, schneller erscholl der Ruf, im Einklang, so glaubte Sethur, mit dem hektischen Puls seines eigenen Blutes. Des Blutes, das genommen werden würde. Des Blutes, was Winthallan gehörte. Welcher Winthallan es auch war, der den Ruf der Massen anspornte. Wo war Giselher? Wo waren seine Männer? Ärgerlich ließ er seinen Blick über die Stadt schweifen – und erblickte den Mann, auf dessen Verspätung er gerade fluchen wollte hinter einer der für Minas Faer so charakteristischen Nebelschwaden. Sah, wie er die Klinge gegen Atherton richtete. Sah, wie dieser fiel, wie ein anderes Banner erhoben wurde.

„Blut für Blut.“ Leise sprach Sethur die Worte seines Hauses aus, ehe er, allein zwischen grauen Mauern, hysterisch zu lachen begann, das selbe, bellende Lachen ohne Freude, für das ihn Nimrothir so oft gerügt hatte. Das war leichter, als den Schrei, der aus seiner Lunge bersten wollte, schlicht zu unterdrücken.
Er sah, wie die Verteidiger mit Hilfe Theron Winthallans die Oberhand gewannen, das Schlachtfeld und die Stadt wieder für sich beanspruchten. Lange sah Sethur zu, stand steif mitten auf der gepflasterten Straße, der Rücken gerade, wie beim Annehmen einer Aufgabe, die sein Herr ihm anvertraute. Doch da war kein Herr, kein Fürst, nicht Atherton, nicht Cinlir. Da war nur ein drückender Schmerz in der Schulter, die eine schlecht verheilte Brandnarbe trug, nur sein schneller schlagendes Herz und ein Gefühl der Panik, das Wissen, die Kontrolle verloren zu haben. Heridan würde erkennen, dass die Wunde nicht von Cinlir selbst stammen konnte, dass die Klinge in den Rücken, nicht die Brust des Bullen Winthallan eingedrungen war. Konnte er das korrigieren? War Heridans Tod eine Option? Beides erschien ihm unmöglich. Ebenso wie der Freitod außerhalb jeder Überlegung stand.

So führten die Schritte des Kämmerers weder zurück zu der Kammer seines Herrn, noch zu der des Medikus, sondern zu seinem eigenen Haus. Die Überreste seines Mantels würden ihn verraten, die Art von Cinlirs Wunde würde ihn verraten, die Todesart Sybell Winthallans würde ermittelt und ihm zu Lasten gelegt werden. Niemand würde ihm diese Tat verzeihen. Niemand würde ihn rehabilitieren – und nach dem, was unvermeidlich kommen musste, würde niemand auf ihn warten. Niemand würde seiner mit Stolz gedenken. Doch der ewig in ihm bebende Wunsch auf Größe, Vertrauen, Stolz und Achtung war ihm in diesem Augenblick nur ein kleines Übel. Wichtig war der nächste Schritt.

Er würde sich nicht winden, nicht stellen und nicht fliehen, nicht selbst richten. Er würde das tun, was ein wahrer getreuer Athertons tun würde. Ser Giselher Aldorn musste gerichtet werden. Von wem, wenn nicht von ihm? So war es das benietete, mit Teilen eines Kettenschutzes verstärkte Lederwams, welches an jenen Stellen, an denen Cinlirs Klinge ihn wieder und wieder in Übungsstunden geschnitten hatte, mit viel zu großer Sorgfalt geflickt worden war, auf das seine Wahl des Totenkleides fiel.

Als er die punzierten Handschuhe über die nicht zu beruhigenden, zittrigen Hände zog, das weiche Leder fühlte, keimten Zweifel. Musste er sterben? War es nicht schöner, sinnvoller, zu leben? Hatte er nicht gute Gründe zu leben? Und war er so schlecht, dass es nun vorbei sein musste? Nein, er wollte, er musste leben. Cinlir hatte den Tod verdient – zumindest war es notwendig gewesen. Und Giselher hatte getan, was auch er getan hatte, dafür musste er nicht verurteilt werden. Er schob die Vernunft, Ehrgefühl, den Gedanken an Unterschiede in Beweggründen und der Art des Handelns bei Seite, wählte einen Umhang aus blutroter Wolle, braune Lederstiefel und gürtete seine Klinge erneut. Selbst wenn Heridan die Unstimmigkeit bemerkten würde, man konnte ihn noch immer zum Schweigen bringen, der Mantel würde nicht auffallen, Theron würde ihm Glauben schenken, mit Sicherheit, mit Sicherheit. Er wählte das größte, imposanteste seiner Pferde und ritt den Truppen des Siegers entgegen. Der wieder und wiederkehrende Ruf der Soldaten, Blut für Blut, brannte in seinen Ohren, schien ihn zu betäuben.

Er sah die Reihen der Toten, manche von ihnen waren ihm bekannt. In Reichweite seines Blickes lagen zwei Gefolgsleute Brenneghans zwischen unbekannten Söldnern und Mietschwertern, einer, den einzuschätzen vor Jahren ein schönes Spiel gewesen war. Als er näher kam, sah er auch den Elben Eglainion, aufgebahrt auf seinem Schild. Abgelenkt von vereinzelten Kämpfen sah er Theron Winthallan erst, als dessen Männer ihn aufhielten. Er suchte, seiner Stimme einen ernsten, pflichtbewussten Tonfall zu geben und erschien sich selbst nur wie ein schlechter Lügner.

„Mein Herr, Prinz Winthallan! Ich bringe Nachricht von Eurem Vater!“

Sethurs Hand schmerzte, wo seine Klinge ihn geschnitten und das Blut seines Herrn sich mit dem seinen vermischt hatte. Im Absteigen vermutete er, es könnte Schmutz in die Wunde gelangt sein, zog den Handschuh von seinen klammen Fingern und betrachtete die Wunde, von der sich ein schmaler, roter Striemen sein Handgelenk hinauf zog. Er schob die Überlegung bei Seite und rief erneut, nun auf einer Höhe mit den umstehenden Soldaten unfähig, einen weiteren Blick auf Theron Winthallan zu erhaschen.

Dann öffneten sich die Reihen für ihn, nicht respektvoll, nicht weit, großzügig einlassend – lediglich einen schmalen Streifen, eine Lücke lassend, damit er vortreten konnte. Auf unsicheren Beinen ging er auf Theron zu, viel zu langsam für das noch nicht vollends verebbte Kampfgeschehen. Ein Mann, keine zwanzig Schritt von ihm, starb mit gurgelnden, unartikulierten Lauten, als einer der letzten Pfeile der Schützen Salas‘ seinen Hals schräg durchschlug. Aus der anderen Richtung hörte er Faeryllian einen Befehl brüllen, glaubte, gerade aus starren zu müssen, nicht in die Richtung des Mannes blicken zu dürfen, damit man seine Lüge nicht erkannte.

Theron Winthallan sah zu ihm, offensichtlich hin- und hergerissen von möglicher Neuigkeit seines Vaters und dem Kampf, dessen Feuer Sethur in den Augen des jungen Mannes sah. Der Kämmerer kniete nieder, senkte das Haupt und fühlte Tränen in seine Augen steigen, für die er mehr Schuld empfand, als für die Morde, da er sich nicht sicher war, was sie verursachte.

„Euer Vater, mein Prinz Winthallan, ist tot. Ebenso Eure hohe Mutter, Herr.“

 

  1. Sethur sagt:

    Und deswegen wäre es nicht gut, würde Sethur sich Atherton anschließen! Der arme Mann wird wahnsinnig!

  2. Giselher sagt:

    Aber Hallo! und WIE der wahnsinnig wird. So und nun wollen ‚mer mal wissen, wem Theron glauben schenken wird (oder das Leben). Wir haäättten da Giselher, den fanatischen Ritter, der gerne mal Banner aufpflanzt, wo gerade noch Leute standen, denen er auch hätte treu sein können, oder Sethur, den feschen Kämmerer, der gerne mit dem Schwert schlagende Argumente gegen seinen Herrn vorbringt und die Vorteile einer blutroten Garderobe zu schätzen weiß… 😉

  3. Cinlir Winthallan sagt:

    Der arme Mann würde nicht wahnsinnig. Der arme Mann würde einfach nur weinen. Und das können wir ja nicht zulassen, Sethur Salas. 😉

    Ich zitiere mich mal selbst: Und da hört der damit auf?! Was ist denn das für ein Ende!

    … Zum Glück habe ich jetzt eine Idee wie ich auch nochmal auf das Ding hier antworten kann. Aber wohl erst morgen. Ätsch. >:D

  4. Sybell sagt:

    AH! Ich habe Inspiration und keine Zeit! Ich verlange einen Blog-Stop für diese Szene bis ich dazu komme zu schreiben *panisch im kreis renn*

  5. Sethur sagt:

    Blog-Stop ist von meiner Seite aus gebongt. 🙂 Schreibet, schreibet, meine Lieben! Schreibet!

    Und natürlich hört der an der Stelle auf. Ich formuliere hier doch keine abschließenden Schluss-Sätze, die ein gutes Ende bilden! Dann schreibt doch keiner weiter! 😀

  6. Heridan sagt:

    Darf ich bitte in einem Heridan-Blog Sethur auf die Schliche kommen und vergiften? *brav wart um sich nicht in die Geschichte der hohen Herren einzumischen*

  7. Sethur sagt:

    Von meiner Seite aus: Natürlich darfst Du das. *g* Ansonsten… wer schreibt als nächstes? Solan? Golli?

  8. Sybell sagt:

    Ich schreib, ich schreib, ich schreib *hibbel* Weiß seit gestern wie es weiter geht aber es war stumpf keine Zeit für mich zum Bloggen. Ich schreib nachher und Ihr werdet mich alle hassen aber EGAL! *gnihihihihihi*

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