Schlaf

Faraew Tur
11. Januar 2016 • Kommentare: 2

Wie meine Träume nach dir schrein.
Wir sind uns mühsam fremd geworden,
jetzt will es mir die Seele morden,
dies arme, bange Einsamsein.

Kein Hoffen, das die Segel bauscht.
Nur diese weite, weiße Stille,
in die mein tatenloser Wille
in atemlosem Bangen lauscht.

(Rainer Maria Rilke)

„Mein liebster Admir,

Es sind nun beinahe sechs Monate vergangen, seit sie zu mir kamen. Seit sie mich baten, mich doch zu setzen. Als Ser Jathir mit mir sprach, berichtete was passiert ist. Ich kann mich an kein einziges Wort erinnern – nur an die Erschütterung, die ich in den Augen meines alten Freundes sah. Ich glaube, ich habe auch in diesem Moment nicht gehört, was er sprach, und tief im Herzen direkt gewusst, was er mir sagen wollte. Ich erinnere mich, dass Siramir zu weinen begann – obwohl er kein Wort verstanden hatte. Kinder spüren so etwas. Sie spüren, dass etwas nicht stimmt. Ich frage mich, ob er jetzt noch immer so oft weint? Ich wünschte, ich könnte ihn jetzt in meinen Armen halten, ihm eine Geschichte vorlesen und dabei zusehen, wie er einschläft. Einerseits bereue ich, dass ich ihn nicht sofort mit mir nahm, andererseits war es damals die richtige Entscheidung. Vorerst zumindest. In meiner Trauer war ich zunächst so blind, ich wäre ihm keine gute Mutter gewesen. Auch kann ich es deiner Mutter nicht verübeln, wie sie reagierte. Sie will ihr Haus, ihren Namen schützen. Für sie muss ich ein Mahnmal dessen sein, dass ihr Sohn gestorben ist. Wie sollte es auch anders sein? Ich sehe sie an, und auch aus mir spricht lediglich der Schmerz, die Wut, weil ein kleiner Teil in mir ihr vorwirft, dir geraten zu haben im Krieg zu kämpfen. Dieser kleine Teil sagt auch, dass du sonst sicher noch bei mir wärst. Ich weiß er lügt – aber manchmal ist es einfacher eine fremde Person zu hassen, als sich mit den eigenen Gefühlen auseinander zu setzen. Ihr wird es ähnlich gehen. Doch trotz all der Einsicht, die mir in den unzähligen Stunden auf einem Pferderücken gekommen sind, wir haben uns im Streit getrennt und ich vermute nicht, dass sich diese Wunde jemals ganz schließen wird. Zu sehr ist sie damit verbunden, dass du nicht mehr hier bist.

Ich bin nun im Breeland angekommen und was soll ich sagen – es ist hier – nun – sehr anders. Du hättest vermutlich deine Freude daran, nun gut, du würdest dich vermutlich darüber amüsieren. Wie Cinlir flucht, und wie mich meine Höflichkeit davon abhält, geradewegs mit zu fluchen. Es ist erstaunlich, wie wenig anders es ist, wenn man einen alten Freund wieder trifft. Selbst wenn so viele Jahre dazwischen liegen. Er hat mich mit seiner typischen Art aufgenommen und einer Wärme, die mich fast zu Tränen gerührt hat. Es mag seltsam klingen, doch obwohl ich in der Ferne bin, mit kaum einem Menschen um mich, die ich gut kenne, so fühle ich mich hier beinahe mehr zuhause, als in den letzten Wochen vor meiner Abreise in Rhass. Zu viele Erinnerungen waren es, zu viele Wunden, die sich erst schließen müssen. Die Zeit in Bree wird sie heilen. Als Cinlir hörte, dass Siramir nicht bei mir ist, bat er direkt an – halt nein, er hat es nicht angeboten, er hat es einfach festgelegt – dass er seiner Mutter schreiben würde, damit diese sich darum kümmert, dass er wieder zu mir gebracht wird. Ich habe das Gefühl, dass er in seiner Art genau wie früher noch immer einem Gewittersturm gleicht, der ab und an einfach übers Land fegt. Ich muss auch gestehen, dass der Regen ein wenig dabei geholfen hat, mich wach zu rütteln. Ich sollte versuchen mir eine Aufgabe zu finden, wieder anfangen, etwas zu tun – auch wenn es schwer werden wird. Cinlir sprach davon, dass ich hier doch ebenso wie Zuhause mich einigen Falken widmen könnte – ein Vorschlag, der mir irgendwie gefällt.

Das beste, muss ich gestehen, sind neben meinem alten Freund die neuen Gesichter, die ich in seinem Umfeld kennenlernen durfte. Sybell Winthallan – du magst dich vielleicht an das hübsche Mädchen damals erinnern? – ist erwachsen geworden und zu einer klugen, warmherzigen Frau herangewachsen. Sie nahm mich herzlich auf, beinahe wie eine Schwester. Ich habe sie schon jetzt ins Herz geschlossen und hoffe, dass mich mein erster Eindruck nicht in die Irre geführt hat. Auch Ser Giselher Aldorn, sowie seine Frau Lady Bryanne sind aufmerksame, freundliche Personen, die mir ebenfalls mit einem Lächeln entgegen traten. Sicher – sie sind höflich bemüht – aber man hat trotz allem das Gefühl, dass es nicht nur eine Maske ist, sondern auch so gemeint ist. Über seinen Kämmerer, sein Mündel,  seine Botin vermag ich mir noch kein Urteil zu erlauben. Trotz allem scheinen sie fest verwoben und treu zu ihm zu stehen, etwas das ich als positiv beschreiben würde. Ich werde sehen, was die Zukunft mir hier bringen mag und hoffe unseren Sohn bald wieder bei mir zu haben.

In Liebe,

Faraew“

  1. Sybell sagt:

    *ins taschentuch schneuz*

  2. Faraew sagt:

    Nicht weinen ;_; *noch eins reich*

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