Rückkehr

Gyroir Meroun
29. September 2010 • Kommentare: 10

Es war schon Nacht, als der Reisende in Schragen eintraf. Seine Gestalt füllte die Tür des Gasthauses beinahe völlig aus und der Gestank drang bis an die Theke. Schweiß, Blut, Urin, all das vermischt mit dem Geruch von Pferden und Verbranntem. Als er nach kurzem Zögern eintrat offenbarte sich, dass er in dicke Felle eingehüllt war, die er – dem Geruch und der Erscheinung nach – Wargen abgezogen haben musste. Das Haar des Fremden war so verfilzt, das es sich von den verschmutzten Fellen nicht mehr unterscheiden ließ. Alles war durch Ruß schwarz gefärbt, das Gesicht also nicht mehr zu erkennen. An einigen Stellen waren die Felle so verformt, das man ein kleines Waffenarsenal darunter vermuten mochte. Schwere Schritte, vom metallenen Klirren seiner Rüstung untermalt, trugen den Reisenden bis an die Theke und ließen die Gestanksmelange nahezu unerträglich werden.

„Ein Zimmer.“ ließ der Mann aus seiner Kehle knapp hervorrollen und knallte einige rußverschmierte Münzen auf die Theke.

Das Polieren war die schwierigste Arbeit. Beinahe einen ganzen Tag lang hatte Gyroir sein Zimmer im Gasthaus nur verlassen, um Wasser zu hohlen oder derlei. Gesprochen hatte er kein Wort.
Die Felle war er einfach losgeworden, indem er sie verbrannt hatte. Der Gestank war grauenhaft, störte seine Nase aber kaum noch. Danach das Waschen. Es war viel Seife nötig gewesen, sehr viel, um ihn wieder halbwegs gewöhnlich aussehen zu lassen. Die Haare hatte er sich wieder zusammengebunden, dann den Bart gestutzt. Sauber, ordentlich. Er hatte sich ein paar mal geschnitten, ehe die alten Routinen wieder griffen. Es war wirklich, wie nach hause zu kommen. Alles ist irgendwie bekannt, aber man muss sich erinnern, sich langsam wieder wie gewohnt im Haus bewegen, die alten Handgriffe wieder erlernen, die einem völlig natürlich gelangen.

Das Nachschärfen der Waffen war leicht gefallen, das schwierige war das Polieren gewesen. Klingen und Rüstungsteile mussten wieder glänzen. Glänzen wie früher.

Die monotone Tätigkeit tat ihm gut. Es war ein bisschen wie Wache schieben, wie das Warten vor dem Beginn der Schlacht. Dinge, in denen er immer gut gewesen war. Der Blick verengte sich ganz auf einen Punkt auf der metallenen Oberfläche und verharrte dort so lang, bis sie wieder ganz rein schien. Jede Oberfläche war eine aneinanderreihung dieser Punkte. Dann hielt man sie gegen das Licht, prüfte, und wenn es noch nicht ganz stimmte machte man sich wieder an die Arbeit. Punkt für Punkt. Die Zeit verlor sich dabei. Die eigene zeitliche und räumliche Perspektive war eingeschränkt und reichte nur von einem Punkt zum nächsten. Sekunden, Minuten und Stunden wurden bedeutungslos.

Als er endlich auch den Brustpanzer wieder an den Bettpfosten lehnte war es wieder Nacht geworden. Das Kaminfeuer war schon beinahe heruntergebrannt. Er hatte nicht genug Holz nachgelegt.
Gyroir stand auf und spürte, wie seine Beinmuskeln dabei schmerzten. Und seine rechte Seite. Er fühlte mit der linken Hand wie mechanisch noch einmal nach und sofort schlug der Schmerz wieder explodierend durch. Er zuckte zusammen, war aber jetzt selbst zu müde um vor Schmerz das Gesicht zu verziehen. Er hätte es wohl auch nicht getan, wenn er nicht zu müde gewesen wäre. Das war eine der Gewohnheiten, die er auch an der Front nicht abgelegt hatte. Alles um ihn herum mochte in Sturm und Feuer untergehen, sein Gesicht blieb. Und sein Schild.
Er sah hinab auf den alten, stahlverstärkten Holz-Rundschild, den er benutzte, seit er denken konnte. Er konnte sich nicht entsinnen, wie oft er ihn schon hatte ausbessern und reparieren lassen. Aber er hing daran. Es war wie die Fortsetzung seines Arms. Etwas, womit er sich einfach sicherer fühlte.
Sein Blick wanderte weiter auf den Rucksack, den er bei sich getragen hatte. Langsam ging er dorthin, setzte sich auf den Rand des Bettes und zog ein Bündel aus dem Rucksack. Vorsichtig, andächtig fast schlug Gyroir den Stoff zurück, der es umhüllte, und legte einen bereits leicht verschlissenen, aber penibel gereinigten Waffenrock frei. Das einzige Stück seiner Ausrüstung, das schon letzte Nacht und jede Nacht davor sauber gewesen war. Er strich mit den Fingern sanft über den Stoff. Orange und schwarz. Orange und schwarz …

Sein Blick wanderte zum Kaminfeuer, das weiter herunterbrannte. Seine Finger verharrten aber auf dem Waffenrock. Stumm bewegten sich seine Lippen und formten Worte. Tränen traten in seine Augen, weinen aber tat er nicht, konnte es vielleicht auch nicht. Stumm blieb er sitzen, in den Kamin starrend bis nur noch Glut übrig und der Raum fast gänzlich dunkel war. Und irgendwann dann, ob nach Sekunden, Minuten oder Stunden hätte er nicht sagen können, schlief er ein.

 Es war Zei, wieder ein normales Leben zu leben. Was auch immer das hieß. Es ging nicht anders. Auch ein Meroun musste darüber hinweg kommen.
Gerade ein Meroun.
Gerade einer, der als Klinge geboren war.
Gerade einer, der als Klinge gelebt hatte.

„Uns ist der Zorn.“ murmelte Gyroir im Schlaf. „Uns ist der Zorn.“

  1. Sethur sagt:

    Hach, genial, mein Lieber. Mein roter Klingenbruder ist zurück. Uns ist der Zorn!

  2. Anjoun sagt:

    Na, ich fands jetzt nicht mein stärkstes. Aber ich habs redlich versucht. Freut mich, dass es dir gefällt. Uns ist der Zorn, in der Tat.

  3. Sethur sagt:

    Mehr war das ein Ausdruck der Freude als eine Blog-Rezension. 😉 Dass deine Blogs mir sehr gefallen, so auch dieser, weißt Du ja.

  4. Giselher Aldorn sagt:

    Ein wirkliches schönes Bild, der Krieger mit seinem Waffenrock, den er wohl wer weiß durch welche Schlachten getragen hat.

  5. Cinlir Winthallan sagt:

    Willkommen unter den Lebenden, Gyroir!

  6. Anjoun sagt:

    Danke, danke. Hach, was für ein Empfang. Ich bin ganz gerührt.

  7. Cwenwesc sagt:

    Respekt! Der Mann kann nicht nur schwafeln er kann auch schreiben, da könnte nichteinmal _er_ etwas wie: Gunter Grässlich sagen 😀

  8. Anjoun sagt:

    Ich bin sicher er könnte, danke trotzdem.

    (Aus dem Hintergrund) Und wie ich könnte! Ich habe schon Göthe verrissen und das werde ich hier genau so können. Meinem Können sind nicht durch banale Internetkommentare Grenzen gesetzt. Ich gehöre nicht in diese Reihe der hier vielleicht zu Recht Kommentierten und nehme diesen Satz nicht an! Der Autor reiht Belanglosigkeiten im weinerlichen Tonfall eines zweitklassigen Schreiberlings aneinander, dem zu Recht jedwede Aufmerksamkeit des Literaturbetriebes verweigert wird. Dass ich mich damit befasse ist allein meiner Gnade zu verdanken und dem Umstande, dass ich mir von diesen Worten eine Besserung seines Verhaltens verspreche, nämlich dass er aufhören möge, die Welt mit seinem Gesudel zu belästigen. Grässlich!

  9. Sybell sagt:

    Juhu Gyroir kommt zurück! *freudig rumspring*

  10. Elmion sagt:

    Ich höre dich deinen Kommentar gerade beim lesen sagen, Necci, kösssstlich! *kringel*

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