Erziehung

Tereloc Tuk
14. Juni 2011 • Kommentare: 5

In (wenigen) Jahren…

Tereloc mochte Kinder. Von allen Mitgliedern des Haushaltes waren sie die einzigen, mit denen er auf Augenhöhe sprechen konnte. Abgesehen von Saladoc, der allerdings seine Pflichten als Aldorn’scher Haushälter im Auenland sehr ernst nahm und sich so nur selten einmal blicken ließ. Mit den Kindern selbst befand sich Tereloc nun in vielerlei Hinsicht auf Augenhöhe. Zum einen war da natürlich die Größe – der einzige, der ihn bereits ein Stückweit überragte war Arian, der, sehr zu Therons (und Cinlirs) Unwillen, in den letzten Wochen einige Zentimeter gutgemacht hatte. Theron seinerseits war der lauteste und wenn er sich Mühe gab auch mit Abstand nervtötendste der Kinder von Minas Faer.

Dennoch war es Gernoth-Lucan, der Tereloc die meisten Sorgen bereitete. Zwar war er mit Abstand der ruhigste, was wohl nicht zuletzt seinem Teekonsum, der, auch was die Menge des zum Süßen verwendeten Zuckers anging, seinem Vater ebenbürtig war, geschuldet war, allerdings entdeckte er alsbald für sich, dass nichts so gut zum Tee schmeckt wie ein Kuchen Hobbinger Machart, wie sie regelmäßig in der Küche zum Abkühlen standen. So entwarf und führte er munter teils verwegene, teils geniale Pläne durch, um (mit Hilfe eines oder mehrerer anderer Kinder) in den Besitz des Backwerks zu kommen. Dies brachte Tereloc nach einiger Zeit vor ein weiteres Problem: Das der Artgerechten Bestrafung. Zeigten sich bodenständigere Eltern wie solche, die den Nachnamen Aldorn oder Salas, geborene Rattner trugen noch zufrieden mit einer angemessenen Ohrfeige oder bei waghalsigeren Plänen, die zu Durcheinander in der Küche führten auch einer kleinen Tracht Prügel, kam dies natürlich für die Fürstlichen Leibesfrüchte kaum infrage. Als diese das herausgefunden hatten, kamen selbstverständlich deutlich mehr Kuchen abhanden, wodurch die Nachfrage nach einer Möglichen Sanktion nur noch dringender wurde. Beim nächsten Mal, als eine verlockende Erdbeertorte unaufgefordert den Besitzer wechselte, forderte Tereloc den jungen Prinzen also kurzerhand – dieser trat auch entschlossen mit seinem hölzernen Übungsschwert an, nur um im Laufe der nächsten Tage von einigen blauen Flecken daran erinnert zu werden, dass kein Gegner schlimmer ist als ein entschlossener Hobbit mit einem stabilen Kochlöffel.

Da sich das Gleichgewicht der Kräfte nun eingestellt hatte und die Kinder erkannten, dass sie gegen den erfahrenen Koch wohl nicht ankommen würden, verlegten sie sich alsbald auf den Diplomatischen Pfad.

Tereloc mochte Kinder.

Aus diesem Grund überlegte er sich auch etwas besonderes, als sie ihn fragten, ob Backen eigentlich wirklich so schwer sei. Er bat sie, am Abend wiederzukommen und bereitete mit Saladoc gemeinsam etwas vor, wofür sie auch Tobian einspannten, der an diesem Abend ohnehin im Haupthaus zur Wache eingeteilt sein würde. Die beiden Hobbits stellten auf der Bühne eine kleine, dünne Holzwand auf, zwei Meter lang, die bei der späteren Darbietung Saladoc vor den Blicken des unten auf einem Teppich sitzenden Publikums schützen sollte. Ein Korb mit verschiedenen Brötchen und ein einfacher, kleiner Holzreifen rundeten die Materialien ab und wurden ebenso hinter dem Sichtschutz deponiert.

Als nun die Kinder Platz genommen hatten, Saladoc hinter dem Sichtschutz versteckt lag und Tobian an einer Wand der Halle postiert war, trat Tereloc, mit Kochmütze und Schürze, auf die Bühne. Die Show begann.

„Es freut mich, dass ihr hier alle erschienen seid, um etwas über das Backen zu lernen. Brötchen Backen ist noch das Einfachste in meinem Beruf. Die eigentliche Schwierigkeit ist, die Brötchen hinterher zu dressieren. Ihr glaubt vermutlich: ‚Ah, Brötchen kann man doch nicht dressieren, das geht doch gar nicht.‘, aber das stimmt nicht. Man kann alles, wenn man sich nur Mühe gibt. Dass das so ist, hab ich auch erst von nem Brötchen gelernt. Denn eines Tages kam so ein Milchbrötchen “ – unsichtbar hinter den Kulissen von Saladoc gehalten, tauchte ein Milchbrötchen auf und lugte über den Rand des Sichtschutzes – “ in meiner Backstube auf und wollte bei mir mitmachen. Da hab ich dem gesagt: ‚Dressur ist nur was für die richtig kernigen Brötchen, für Roggenbrötchen und die großen Brotstangen, aber nichts für Weichkram wie dich.‘ Aber da ist das Brötchen noch mal in sich gegangen und hat ganz doll an sich gearbeitet und jetzt kann es sogar hier den Anfang machen und führt hier Kunstsprünge vor.“ – von verborgener Hobbithand geworfen, schießt das Brötchen in die Höhe, um wieder so gefangen zu werden, dass das Brötchen zu sehen ist, die Hand jedoch nicht – „Da! Habt ihrs gesehen? Los, Brötchen, machs nochmal falls sies nicht gesehen haben!“ – abermals „springt“ das Brötchen – „Aber so ein einfacher Sprung ist ja nichts besonderes. Aber das Brötchen hier hat so fleissig geübt, das kann mittlerweile sogar einen dreifachen Salto. – wieder „springt“ das Brötchen, sich dabei mehrmals um die eigene Achse drehend um dann wieder ruhig und für die Kinder sichtbar stehen zu bleiben – „Das sieht jetzt einfach aus, ist aber unheimlich schwierig. Denn so ein Brötchen ist unheimlich hinterlistig. Wenn man sich da nur mal kurz umdreht und woanders hinschaut, dann haut das gleich ab“ – wobei Tereloc sich dem Kamin und damit dem Brötchen den Rücken zuwendet, welches sich auch spontan von ihm wegbewegt – und innehält als Tereloc sich wieder umdreht – „Kommst du wohl zurück!“ – das Brötchen kehrt an seine alte Position zurück – „Und sogar zaubern kann man mit so einem Brötchen – das Brötchen steht hier, ich mach ein Tuch drüber“ – er legt ein Tuch über das Brötchen – „und wenn ich das dann wieder abnehme“ – Er zieht das Tuch weg, das Brötchen liegt unverändert dort – „Dann passiert gar nichts. Ist ja auch klar, fürs Zaubern braucht man ja immer geheimnisvolle Handbewegungen. Also versuchen wirs nochmal.“ – Er legt das Tuch über das Brötchen und vollführt mit den Händen kompliziert anmutende Bewegungen darüber, bevor er das Tuch wegzieht und das nach wie vor unveränderte Brötchen entblößt – „Und wieder ist nichts passiert. Wir haben ja auch den Zauberspruch vergessen. Also jetzt richtig. Mit Tuch, Handbewegung und Zauberspruch.“ – Abermals wird das Brötchen verdeckt, er beginnt wieder die Handbewegungen und zitiert dazu die erste Zeile eines auf Sindarin verfassten Rezeptes, anschließend reißt er das Tuch weg und darunter befindet sich ein mit Wurst und Käse belegtes Körnerbrötchen. – „Oha! Na da ist aber was gutes bei rausgekommen. Hast du gut gemacht, darfst zurück in den Brotkasten.“ – Er tätschelt die Oberseite des Brötchens, welches sich daraufhin nach unten verzieht – „Und als nächstes kommt ein ganz gefährlicher Trick. Ein Brötchen springt durch diesen Reifen.“ – Tereloc ergreift den Holzring und hält ihn hoch. – „Das ist so gefährlich, weil dieser Reifen unheimlich giftig ist. Vor zwei Wochen hat mal jemand so einen Reifen gegessen und lebt jetzt nicht mehr. Mal schauen wer mutig genug… “ – Auftritt: Ein Rosinenbrötchen – „Oha! Das kleine Rosinenbrötchen wirds wagen. Na dann sind wir mal gespannt. Also, Rosinenbrötchen, auf drei. Eins… Zwei… Drei!“ – Das Rosinenbrötchen fliegt durch den Reifen und wird von Tereloc in der linken Hand aufgefangen. Den Reifen hängt er über den Rand des Sichtschutzes und zieht aus einer Tasche seiner Kochschürze eine Rosine, welche er in das Brötchen hineindrückt, als würde er einen Hund für ein Kunststück mit einer Leckerei belohnen. – „Ganz toll gemacht. Applaus für das Rosinenbrötchen! – Als der geforderte Applaus verklungen ist, springt auch das Rosinenbrötchen aus der Hand wieder hinter den Sichtschutz. – „Nun zum schwierigsten überhaupt… das hier waren ja noch ganz friedliche Brötchen, aber das sieht schon ganz anders aus wenn man es mit einem echten Wildbrötchen zu tun hat. Wenn zum Beispiel das mächtige Mohnbrötchen herankommt mit seinem Kräftigen Beißwerkzeug“ – Ein aufgeschnittenes Mohnbrötchen, einem Maul gleich geöffnet, taucht auf und bewegt sich zu Tereloc, der es auf seine Hand setzt. – „dann muss jeder in der Nähe um seine Nase fürchten. Und nur die mutigsten Wagen es, ihre Nasen in den Rachen des wilden Mohnbrötchens zu halten. Ich mach das auch nicht, ich brauch meine Nase noch, aber… Hm…“ – Er blickt sich suchend im Raum um, bis schließlich sein Blick auf Tobian fällt. Diesen winkt er zu sich. Tobian blickt erst verwirrt drein und zeigt noch einmal mit fragendem Blick auf sich selbst, worauf Tereloc nickt und ihn noch einmal heranwinkt. Langsam, zögerlich, mit respektvollem Blick auf das furchteinflößende Brötchen, tritt Tobian also näher. – „Jaa, so ists gut. Noch näher… noch näher… und jetzt halt deine Nase in den Rachen des Mohnbrötchens. – Tereloc hält Tobian das Brötchen hin, dieser sieht es mit angsterfülltem Gesicht an, bewegt seinen Kopf nur langsam näher. Erst Therons Ausruf, der da lautet „Feigling!“, bringt den Gardisten zur Besinnung und er nimmt das Brötchen auf seine Hand und legt seine Nase in dessen geöffnetes Maul. Tereloc hebt triumphierend die Hände. – „Ich sags doch – alles ganz gefahrlo-“ – Plötzlich beginnt Tobian zu schreien, da sich das Brötchen in seine Nase verbeißt – obwohl er es mit beiden Händen ergreift, gelingt es ihm nicht, es abzuschüttel und so rollt er sich vor Schmerzen schreiend auf dem Boden hin und her, während Tereloc eilig zurückweicht. Nach einigen Sekunden jedoch lässt das Brötchen von Tobian ab und entwindet sich aus seinen Händen, springt durch ein geöffnetes Fenster hinaus in die Freiheit, während Tereloc ihm verdattert hinterherstarrt. – „Ehm… das… also… Der Gardist ist schuld, der hat mein armes Brötchen ja mit seiner Nase geradezu angegriffen! Jawohl. Und nur wegen ihm ist jetzt mein wildes Mohnbrötchen entkommen also… ähm… naja. Passt lieber auf, wenn ihr draussen unterwegs seid, es könnte da noch lauern… Und danke, dass ihr die Zeit gefunden habt, euch ein Bild von meinem Alltag zu machen…“

Doch die letzten Worte hörten nur Tereloc, Saladoc und Tobian, waren die Kinder doch, Theron voran, mit dem Schlachtruf „Blut für Blut!“ und gezücktem Hölzernen Schwert zur Tür gestürmt, um dieses Gardistenmordende Brötchen aufzuspüren, ihm den Garaus zu machen und anschließend die zerstückelte Leiche an einige Enten zu verfüttern. Aber es war egal. Sie hatten etwas einfachem wie einem Brötchen ziemlich viel Unterhaltung abgewonnen. Tereloc mochte Kinder. Unter anderem deswegen.

  1. Cyrah sagt:

    *Sich lachend die Tränen aus den Augen wischt* herrlich, ich kann gar nicht mehr aufhören zu lachen und vor allem, kann ich es mir lebhaft vorstellen.
    Aber sei mal froh, dass die Jägerin keinen Nachwuchs hat, weil der oder die wüsste natürlich alles über wilde Mohnbrötchen *gewichtig nick* und vor allem, mit welchen arglistigen Fallen man diesen zu Leibe rücken könnte.

  2. Cinlir Winthallan sagt:

    Wah, das ist soooo niedlich!

  3. Heridan sagt:

    So unterhält man eben die werte Kinderschar.

  4. Sybell sagt:

    Thiii! Grandioser Blog! 🙂
    Auch wenn Theron bestimmt nie so furchtbar wird, denn vorher kriegt der Psychoterrorerziehungsmaßnahmen von seiner Mom *muahaha*

  5. Fianah sagt:

    Waaaaahnsinnig süß 😀 Und Arian ist größer! Ha! *gg*

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