The best way to keep one’s word is not to give it.

– Napoleon Bonaparte

Minas Faer war, das konnte man wohl neidlos eingestehen, zu einem architektonischen Kunstwerk geworden. Die in den Stein gehauenen Häuser, Straßen und Brücken hatten lange für ihre Entstehung gebraucht. Aber jede Stunde waren sie wert gewesen, das erwies sich jetzt, da die Stadt fertiggestellt war.
Nur einen Haken hatte sie, diese Stadt: Sah man von dem Haus der hohen Herrschaften, deren Bediensteten und Truppen hab, war die Stadt schlicht und ergreifend leer. Niemand sonst wohnte hier. Nur dann und wann kamen Händler vorbei oder Bauern, nie jedoch um zu bleiben.

Schon vor einer Woche hatte Cinlir Winthallan ein Bett im Amtszimmer aufstellen lassen. Nicht für sich. Darin lag seine Frau, Sybell: schon seit Monaten blass und blasser. Inzwischen nun also im Fieber. Die Geburt des zweiten Sohnes hatte ihr nicht gut getan. Langsam war auch Flusswieser mit seinen guten Ratschlägen völlig am Ende. Man könne nur noch den Weg erleichtern, so hatte er es ausgedrückt.

„Du darfst dir keine Vorwürfe machen, Cinlir… Du hast getan, was du konntest… Zu jeder Zeit.“ Seine Frau rang sich ein angestrengtes Lächeln für ihn ab. Er tat es ihr gleich, wissend, dass sie beide einander nicht glaubten. „Ailis geht es doch gut, ja…?“
Wann immer er gesprochen hatte und egal zu wem, es hatte selten vorsichtig oder gedämpft geklungen. Er hatte sich nie sonderlich Mühe geben müssen in seine Stimme Zurückhaltung einfließen zu lassen. Befehle, eine Richtung, Tatsachen. All das kam von ihm. Trost war nichts, das er gewohnt war. Dennoch bemühte er sich jetzt darum. „Ich habe die Merouns zusammengerottet und sie eine Eskorte für Ailis bilden lassen. Ich bin sicher sie wird wohlbehalten in Minas Tirith ankommen…“
Tatsächlich war er sich alles andere als sicher. Das Land befand sich in einem Bürgerkrieg. Jedes Haus kämpfte gegen die jeweils anderen. Und die Merouns waren zwar gut in dem was sie taten, aber der Masse an Plünderern, Strauchdieben und Rebellen auf dem Weg von Minas Faer nach Minas Tirith schlicht nicht gewachsen. Aber mehr hatte er seiner Tochter nicht geben können. Alle anderen Einheiten waren bereits gebunden. So auch die unter der Führung ihres Bruders, von dem sie seit drei Monaten nichts mehr gehört hatten. Er wusste nur all zu gut was das zu bedeuten hatte.

Es klopfte an der Tür. Nach seinem leiser ausgefallenen „Herein!“, für das er sich nicht erhob, ging sie auf und Sethur Izhkarioth betrat mit ernster Mine den Raum.
„Herr, die neuen Berichte sind soeben eingetroffen.“ Nach einem Nicken des Fürsten fuhr er fort. „Euer Berater, Gwaethil Eglainion, hat die verbleibenden Männer hier zusammengeschart und hält unten die Brücke, den einzigen Zugang zu diesem Anwesen. Er sagt, er wird sie gegen jeden halten.“
„Er ist ein Elb. Er wird die Brücke halten, wenn er sagt, dass er es tut.“
„Natürlich, euer Gnaden.“ Izhkarioth räusperte sich unwohl. „Herr…“ Der Mann suchte deutlich nach Worten. „Ser Aldorn…“ Der skeptische Blick, den er von seinem Herrn über dessen Schulter zugeworfen bekam, trieb ihn zur Eile. „Ser Aldorn hat sich Salas‘ Truppen angeschlossen. Sie sind auf dem Weg hierher.“
Die Information musste sichtlich sickern. Aber sie traf nicht mehr. Cinlirs Blicke kehrten zu seiner Frau zurück, die bereits nichts mehr von dem Gesprochenen wirklich wahrnahm. „Und Hylea?“
„Niemand hat von ihr gehört oder sie gesehen, euer Gnaden.“ Was schlecht war. Denn das gehörte so gar nicht zu ihren Gepflogenheiten. Eine weitere Quelle versiegt.
Cinlir nickte matt und griff die Hand seiner Frau.

Hinter sich hörte er ein metallisches Schaben, nahm dumpf und entfernt einen Schritt wahr. Spürte – überraschend wenig, wie er feststellen musste. „Rian…?“
Die Antwort kam geseuselt und klang immer weiter entfernt: „Wenn wir beide ehrlich sind, dann müssen wir uns doch eingestehen, dass ihr hiermit immer schon gerechnet habt.“

  1. Gwaethil Eglainion sagt:

    Jetzt hab ich eine Gänsehaut.

  2. Cinlir Winthallan sagt:

    Das werte ich mal als Kompliment. Whee!

  3. Fianah sagt:

    Das werte ich mal als Cinlits Albtraum….der Arme.

  4. Sethur sagt:

    Sethur killt Cinlir! Krass! Ich möchte mehr von Cinlirs Horrorvisionen! 🙂

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