Encore!

Bryanne Aldorn
7. Januar 2016 • Kommentare: 2

„Nochmal!“

Bryanne biss die Zähne zusammen, dass Brennen in ihrem Schwertarm ignorierend. Die Blasen an ihren Handflächen waren schon vor einigen Schlägen aufgeplatzt, das Leder des Schwertknaufes verhinderte, dass der Stahl durch die Wundflüssigkeit aus ihren Händen glitt. Mühsam befahl sie ihrem Körper ihrem Willen Folge zu leisten.

„Nochmal!“

Die Stimme von Lucan in ihrem Kopf war unerbittlich, hart, fordernd. Die Schlagabfolgen von ihr in der Luft waren mittlerweile kantig, wenig liebvoll wenn auch weiterhin korrekt. Blocken, blocken, Beinwechsel, Zuschlagen, Drehen, Blocken, Beinwechsel, Zustechen…
Ihr rechtes Bein gab plötzlich nach und zwang sie erschöpft in die Knie. Verdammter Orkmist. Sie war eingerostet und zwar furchtbar. In dem Moment des Durchatmens hörte sie im Haus Gernoth-Lucan krakelen. Es würde sich schon jemand um ihn kümmern dachte sie, als sie sich wieder in den geraden Stand zwang.

Soweit war es mit den Merouns gekommen. Sie hießen jetzt Aldorn und waren in dem Eid eines anderen. Sie waren fett, feige und faul geworden im fernen Bruchtal. Sie biss die Zähne zusammen und mit der ganzen sturen Disziplin, die eine Blutklinge in der Lage war aufzubringen, fand sie wieder einen festen Stand und erhob ihr Schwert. Wie sollte sie so sonst auch nur entfernt den Gedanken haben überhaupt auch nur irgendwas aufzubauen. Faule Trolltochter. Da konnte ja ihr Sohn besser kämpfen und hatte mehr Ausdauer als sie. Und so begann sie erneut mit entschlossenem Gesichtsausdruck mit den Schlagabfolgen während ihr der Schweiß unter der Kleidung an der Haut hinablief trotz der eisigen Temperaturen des breeländischen Winters.

*~*~*~*~*~*~*

„Nochmal!“

Die Rufe nach Zugabe ihrer Geschwister waren laut und gut gelaunt vorgebracht. Bryanne lachte und drehte sich auf dem Tisch in ihrem schlichten lilafarbenen Kleid um das sie noch die Schürze gewickelt hatte, welche in der Küche zumindest den gröbsten Schmutz abhielt. Die Bänder an ihrer Laute wirbelten mit ihr und die kleinen Perlen an ihrem Kopftuch klimperten leise was jedoch über die dutzenden von lauten Stimmen sowie Becher- und Tellergeklapper im „Fuchs und Stute“ nicht mehr zu hören war. Mit ihren nackten wenn auch dreckigen Füßen tänzelte sie über die lange Tafel während ihre Finger die nächsten Töne anschlugen und ihre Stimme in einem fröhlichen Trinklied der einfachen Soldaten erklang. Mit breitem, bierseeligen Grinsen sangen viele ihrer Geschwister mit der sechszehnjährigen jungen Frau mit.

*~*~*~*~*~*~*

„Nochmal!“

Leise murmelte sie die Forderung während sie sich an ihren Bruder schmiegte. Andere würden sagen er wäre ein entfernter Cousin aber sie waren Klingen. Es war ihr Bruder. Und in dieser Nacht ein willkommener Bettgefährte unter der schweren Daunendecke. Er schlang kehlig lachend die Arme um ihre Hüften und dreht sie auf sich. „Wer einsteckt muss auch lernen auszuteilen.“ Unwillig knurrte sie grinsend und bald vermischte sich der Atem der beiden Klingen mit dem leisen Knacken des Kaminfeuers.

*~*~*~*~*~*~*

„Nochmal!“

Ihr Sohn blickte zu ihr auf und zupfte fordernd an ihrem Oberteil. Wer könnte bei diesem Blick schon nein sagen? Sie schmunzelte und strich ihm liebevoll über das rote krause Haar als sie das Kinderlied zum mittlerweilen fünften Mal anstimmte.

*~*~*~*~*~*~*

„Nochmal!“

Die Stimme von Lucan Meroun war hart, unerbittlich, fordernd. Die umstehenden Klingen waren still. Nicht schweigend andächtig. Sie schwiegen um nicht zu stören, schwiegen weil jeder mit angespannten Nerven den Blick auf die stetig niederrauschende Peitsche gerichtet hatte, schwiegen weil der heutige Tag kein Guter war. Heute würden sie einen ihrer Brüder verlieren. Er hatte sie verraten. Verrat bedeutete Tod.

Die fünfjährige Bryanne wusste dies. Ihre kleine Hand reichte nach oben um die von Drakon zu fassen zu kriegen. Drakon, ihr Bruder, ihre Fels in der Brandung. Drakon, den man den Klingenschlächter nannte hatte sie gehört. Es war Blödsinn beschloss sie resolut, Drakon war kein Klingenschlächter. Klingenschützer.

Verrat bedeutet Tod.

Wenn man jemanden liebt, dann verriet man ihn nicht. Und die Klingen waren eins.

*~*~*~*~*~*~*

Nochmal!

Sie krächzte heiser zu sich, vollkommen außer Atem. Ihr Magen fing an zu rebellieren. Drehen, Seitenwechsel, Zustechen. Die Klinge drang mit einem Stoß in das hölzerne Herz der Übungspuppe ein, welche neuerdings in dem Garten der Aldorns stand. Ihr Atem stolperte während sie sich an dem Schwertgriff und der Schulter der Puppe festhielt. Dann gab ihr Körper endgültig auf. Sie sackte zusammen und übergab sich in das gefrorene Gras. Und noch während ihr Magen sich verkrampfte durchströmte sie das Gefühl vollkommener Zufriedenheit.

  1. Cinlir Winthallan sagt:

    Auf die Gefahr hin, mich unglaublich unbeliebt zu machen – mir deucht, der alte Herr Fürst hatte nicht völlig unrecht mit seiner Idee. *hüst* *g*

  2. Giselher sagt:

    Uh. Da fällt mir mein Plan wieder ein!

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