Unsichtbare Ketten

Eondra
7. Oktober 2010 • Kommentare: 1

Tage wie dieser waren ihm am liebsten. Wenn man nur noch den Schlaf herbeisehnt, zu müde um einen Gedanken zu fassen oder gar zuzulassen. Der Tribut, den dieser Weg zollte – und nur zu gern nahm er ihn an. Sich der Ruhe hingebend, die Glieder auf der Matraze ausstreckend und schon langsam dahindämmernd, glaubte er zuerst das geräusch mehr in einer Art Halbschlaf und Wachtraum zu hören.. ein leises kratzen und klappern. Er rieb sich mit den Händen über das Gesicht und setzt sich halbwegs auf, in die Stille des Schlafsaals lauschend.. da war es wieder, deutlicher. Leise murrend schlug er die Decke beiseite, ein ankleiden entfiel – schlief er ohnehin stets in dünner Stoffbekleidung – und trat vorsichtig vom Bett aus in die Mitte des Raumes. Erneut kurz lauschend, bis es wieder an sein Ohr drang.. vom Fenster vermeinte er es zu vernehmen. Und als er dieses erreicht, und sieht – was dies Geräusch verursachte, legt sich ein Schmunzeln auf seine Züge und sofort scheint er hellwach. Ein Rascher Blick zu den übrigen Schlafenden, dann war er auf dem Weg zur Türe, die dann auch hinter ihm ins Schloß fiel. Fröstelnd, frisch war es doch ein wenig, sah er sich um bis der Schatten einer Gestalt sich von der hauswand abhob und ein sanft klingendes „Mae govannen, gwedeir“, leise erklang. Tage, Wochen in denen Eondra nicht wusste, was aus Kelethir geworden sei, nichts.. außer jener Brief, den er sich da noch hatte von Butterblume, dem freundlich stämmigen Wirt aus dem Pony, hatte vorlesen lassen. Und nun stand er hier, mit einem Lächeln als wäre es das selbstverständlichste in einer Siedlung der Menschen aufzutauchen, und das zu dieser späten und nächtlichen Zeit. Die Stimme senkend, um Niemanden auf die Anwesenheit eines Fremden aufmerksam zu machen, trat Eondra zu dem Elben.

„Kelethir, willcum aet mi seld!“, erneut einen raschen Blick gen Straße werfend. „Nicht das ich nicht erfreut wäre, aber.. hälst Du es für klug mitten in der Nacht hierher zu kommen?“ Den Elben schien die Unruhe seines Freundes nicht wirklich zu beeinträchtigen. Vollkommen gelassen streicht er über das Bauchgefieder des jungen Falken, welcher auf seiner Schulter saß und der das Kratzen am fenster getätigt hatte. „Der Geist meines Bruders trägt Sorge, und mehr Gedanken als es für ihn gut. Noch ehe die Menschen erwachen, werde ich fort sein.. und Daír mit mir.“, der Blick des Elben schweift über die Siedlung oder das, was er eben sehen konnte davon. „Du verließt den Käfig um in einen neuen zu treten. Nur das dieser nun… offensichtlich mehr Auslauf bietet.“ der Blick des Elben legt sich wieder auf seinen Freund. „Sie legen Steine um Grün und Wesen, sag‘ mir, mein Freund.. nehmen sie auch deinen Geist gefangen?“ Eondra wusste nichts darauf zu sagen, nicht im ersten Moment. Die Gedanken der Elben zu ergründen, die Worte richtig zu deuten.. in all den Jahren der tiefen Bindung zu jenem einen, war es ihm nicht oft gelungen. „Es ist… anders als damals, Kelethir. Und niemand hier versucht mich zu brechen..“. Ein Moment des Schweigens, als der Elb näher tritt und eine Hand austreckt. Eondra sieht hinab, verstand.. und ein Gefühl von Wärme, die er lange nicht mehr verspürt hatte, legt sich auf ihn, als er den Unterarm seines Freundes ergriff, und sie beide einen Moment so standen. „Man verstand nicht, Eondra. Ich schrieb dir diese Zeilen, und nur wenig Zeit nach ihnen.. brach ich auf.“ , der Elb löste den Blick von den Steinbauten und Rietdächern und sah zurück zu seinem Freund. „Niemand wird mich einfangen, mir sagen was recht und falsch. Der Wind lebt frei, streift durch Wald und Tag.. ich werde ihm folgen.“ Eondra hob den Blick, ahnte… bis.. „Ich habe meine Familie verlassen, Eondra. Für immer..“ , die Worte des Elben kamen und ihn durchatmen ließen. Halb erschrocken, und auch halb schon beim lesen der Zeilen einige Tage zuvor, geahnt was daraus wachsen würde. Vielleicht hatte sein Blick ihn verraten, vielleicht auch die Art wie er nach Worten zu suchen schien, denn der Elb lächelt, in seiner so ruhigen Art. „Ja, ich bin mir sicher. Ich verstand nie, was daran so verwerflich scheint sich dem neuen zu öffnen und die Nähe zu den Menschen nutzen um sie verstehen zu lernen. Ich fand Freundschaft, einen Bruder..“ kurz wird der Druck am Arm Eondra’s deutlicher, auch das Lächeln des Elben „..was ich fand, lernte und verstand – werde ich nicht aufgeben.“ Eondra sah seinen Freund einen Moment an, nicht sagen könnend was mehr überwog: Freude darüber, Kelethir – der ihm nach Cwenwesc die wichtigste Person war, nun doch nicht zu verlieren.. oder Schmerz darüber was dies für den sanftmütigen und stets leicht träumerischen Elben bedeutete.. ein Opfer das schwerer wog als er zugab, soviel wusste er. „Nein, mein Freund.. dich wird man niemals einfangen, den Du selbst bist der Wind. Bist sein Flüstern das mir oftmals Ruhe gab. Wohin wirst Du gehen?“ Eondra’s Blick ruhte auf seinem Freund, der den Kopf leicht erhob und die Augen schloß – die nächtliche Luft genießend.

„Daír und ich werden wohl zunächst in der Nähe bleiben. Denn das Herz meines Bruders teilt sein Gefühl zu einer Frau..ich möchte sie kennenlernen“ den Blick zurück zu Eondra kehren lassend „ und hoffen das jene die Dich in Ketten legen, diese für einen Moment lockern.. vielleicht findest du an ein oder zwei Nächten die Zeit mich zu begleiten.. wie früher.“ Eondra atmet durch, ein tonloses Seufzen und rieb sich kurz die Nasenwurzel.. stutzte dann, Himmel – nicht diese Geste! Er ließ die Hand sinken als das Bild eines Ritters vor ihm aufkam, in ähnlicher Geste.. und sieht statt dessen zu dem Elben, der immer noch vollkommen ruhig die Federn des Falken strich.  „Niemand hält mich in Ketten, Kelethir. Du tust gerade so als sei ich das Eigentum von jemandem und das..“ der Elb sieht zurück zu seinem Freund. Ruhig, aber Ernst war der Blick – die Worte sanft wie immer „Bist Du das nicht? Sieh‘, eine Schlacht wird geschlagen. Und es gilt zu schützen was deinen Herren so hoch ist.. wirst Du das Schwert ergreifen, wirst Du töten.. sterben für sie?“ Eondra schwieg, senkt den Blick leicht zur Seite. Die Worte trafen ihn, gerade auch weil sie von Ihm kamen. Sacht ist das Nicken des Elben „Ja, du wirst es tun. Dein Leben für das derer.. und nun sage mir, Bruder.. siehst du ihre Ketten wirklich nicht?“ Mit diesen Worten trat er langsam zurück, und hob den Arm – worauf der Falke sich in die Luft hob und seine Bahn über ihm zog, während der Elb die Siedlung verließ. Eondra folgte ihm mit den Blick, bis er sich dessen entzog.. (..wirst du töten.. sterben für sie?)..diese Worte halten wieder und wieder in seinem Geist. Und sich vor Augen rufen, das dies wohlmöglich längst besiegelt war, trat es in den Sinn:

Aye, er würde.

  1. Giselher Aldorn sagt:

    Irgendwie wehmütig, der Blog…
    und die ketten müssen wahrhaftig eng sein, wenn Das Reiben der Nasenwurzel als Indikator gelten sollte 😉

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